Auf diskriminierendes Verhalten angesprochen werden – Umgangsstrategien
Vorweg:
- Kritik annehmen insgesamt nicht einfach und oft mit Emotionen verknüpft
- Es ist ja erstmal nicht verwunderlich, wenn mensch es nicht toll findet eine
Person verletzt zu haben
- Es ist ja erstmal nicht verwunderlich, wenn mensch es nicht toll findet eine
- Unterschied zu Feedback (Analogie Feedback als Geschenk): bei Feedback geht es
um dich und deinen Lernprozess, deshalb lernen wir, dass wir den Zeitpunkt
wählen können, Kritik an diskriminierendem Verhalten soll nicht dich und deinen
Lernprozess zentrieren, sondern die Verletzung der anderen Person (das ist auf ne
Art auch ein Lernprozess aber nicht so positiv) - Deshalb ist diese Art von Kritik kein Geschenk, es erfordert nicht deinen Konsens
und es sollte auch nicht deine Entscheidung sein, ob du es annimmst oder
auspackst
Grundsätze für angemessenes Umgehen mit der Situation
- Zuhören
- Verantwortung übernehmen
- Reflektieren und Lernen
Szenarien
Szenario 1
Eine Person kommt auf dich zu und sagt du hast dich diskriminierend verhalten
Vorweg
Es ist schwer Diskriminierung anzusprechen und vielleicht wollte die betroffene Person das auch nur loswerden, aber nicht in einen weiteren Prozess oder in deinen Lernprozess eingebunden sein, akzeptiere das (für dich ist das vielleicht eine Einzelsituation für die betroffene Person wahrscheinlich eine von Vielen). Menschen, die aus dich aus Betroffenheit auf diskriminierendes Verhalten oder Aussagen hinweisen sind dir nichts schuldig, weder Bildung über ihre Diskriminierung oder Identität noch deine Entschuldigung anzunehmen oder dich in deinen Gefühlen zu entlasten.
Reaktion:
Achtung Abwehrmechanismen | So können Abwehrmechanismen in eurem Verhalten
oder Denken aussehen:
- Ablehnung (z.B. Nein das sehe ich anders, nein das war nicht so, nein das hast
du falsch verstanden; auch Aussagen wie „Es tut mir leid, dass das so bei dir
angekommen ist“ oder „dass du das so verstanden hast“, können schnell
problematisch sein)- Weil du damit dich und deine Wahrnehmung zentrierst und nicht die der
betroffenen Person
- Weil du damit dich und deine Wahrnehmung zentrierst und nicht die der
- Eigene (Schuld-)gefühle in den Vordergrund stellen (z.B. sagen, dass dir damit
jetzt schlecht geht, du jetzt ein schlechtes Gewissen hast oder traurig bist) →
bedeutet wieder sich selbst zu zentrieren- Es ist nicht die Aufgabe der betroffenen Person deine Emotionen zu
regulieren (zum Beispiel indem sie dich entlastet oder deine
Entschuldigung annimmt, oder dich so anzusprechen, dass du die Kritik
annehmen kannst → auch das das liegt an dir - Es ist nicht die Aufgabe der betroffenen Person dir die Situation aus
ihrer Sicht noch einmal vollständig zu erklären oder zu erklären was das
in Zusammenhang mit ihrer Diskriminierung bedeuet - Natürlich ist es verständlich, wenn du keine guten Gefühle damit hast,
suche dir aber lieber nahe Menschen, die nicht die gleiche
Diskriminierung erfahren oder zumindest nicht an der Situation beteiligt
waren, um mit ihnen über die Situation und deine Gefühle zu sprechen
- Es ist nicht die Aufgabe der betroffenen Person deine Emotionen zu
- Nach Erklärungen/Rechtfertigungen für dein Handeln suchen oder
beschreiben
Was konkret stattdessen tun?
Wie lassen sich die oben aufgezählten Grundsätze in konkretes Handeln übertragen?
- Aktiv zuhören → höre zu und signalisiere der Person das du zuhörst und sie ernst
nimmst- Wenn du den Impuls hast, dich zu erklären, überlege warum und halte dich
damit erstmal zurück → Diskriminierung muss nicht intentional sein
- Wenn du den Impuls hast, dich zu erklären, überlege warum und halte dich
- Verantwortung übernehmen
- Erkenne an, dass dein Verhalten eine andere Person verletzt hat (vllt. auch
durch internalisierte Dinge, Sozialisation usw.)- Eine Analogie, die hilfreich sein kann, ist, wenn eine Person dir über
den Fuß fährt, ist es erst einmal nicht relevant, ob das mit Absicht
geschehen ist oder nicht, weil der Fuß trotzdem verletzt ist und/oder
weh tut
➔ Die Heilung braucht wie bei verletzendem Verhalten
wahrscheinlich Zeit und zusätzlich Vertrauen
- Eine Analogie, die hilfreich sein kann, ist, wenn eine Person dir über
- Du kannst fragen, wenn du das Bedürfnis hast dich zu entschuldigen, ob die
Person das gerade hören möchte
➔ akzeptiere auch ein Nein, lege keine Konditionen für deine
Entschuldigung bei einer betroffenen Person fest und baue keine
Rechtfertigung ein, auch wenn das vielleicht dein erster Impuls ist (eine
Erklärung für Verhalten macht es nicht Ungeschehen) - Du hast vielleicht auch die Möglichkeit dich zu einem späteren Zeitpunkt
nochmal bei der Person zu melden (aber auch hier ist wichtig klar zu
machen, dass es dabei nicht primär um dich geht, mache ein Angebot ohne
selbst festgelegte Konditionen) - Entschuldigungen nicht als Wiedergutmachung/Ungeschehen machend
sehen (denk an physische Verletzungen) - Das kann bedeuten (An-)Spannungen aushalten zu müssen
➔Natürlich kann es sein, dass du dich schlecht fühlst dich verletzend
Verhalten zu haben, Teil von Verantwortung übernehmen ist aber auch
Unsicherheit und schlechte Gefühle in dem Zusammenhang
auszuhalten und nicht zu versuchen diese sofort weg zu kriegen oder
von anderen Personen entlastet zu werden - Nicht Sätze auswendig lernen die es zu einer „guten Reaktion machen“,
sondern ehrlich/authentisch sein
- Erkenne an, dass dein Verhalten eine andere Person verletzt hat (vllt. auch
- Reflexion & Lernen
- Teil von Verantwortung übernehmen ist auch über die Situation zu
reflektieren und über Diskriminierung (dazu) zu lernen (z.B. sich ein tieferes
Verständnis von der angesprochenen Diskriminierungsform verschaffen,
um die Situation zu reflektieren und zukünftig zu vermeiden) - Du kannst zum Beispiel die Awareness-AG oder Menschen ansprechen,
denen du vertraust, um über die Situation und dein Verhalten zu sprechen
und überlegen wie du damit verantwortungsvoll umgehen kannst - Auf jeden Fall ist Raum zum Lernen da, denk aber auch daran wer die
Kosten für deine Lernprozesse trägt und was Punkte sind, an denen deine
Lernprozesse anfangen sollten- Ein Beispiel hierfür können Lernprozesse in Bezug auf Pronomen
sein: Der Moment in dem dein aktiver Lernprozess beginnen sollte
ist der, indem eine Person dir ihre Pronomen mitteilt oder dich
darüber aufklärt, dass du die Person misgendert hast. Wenn du die
verwendeten Pronomen noch nicht kennst, ist es deine Aufgabe dich
zu informieren, wie du die Pronomen verwenden kannst (nicht die
Aufgabe der Person dir zu erklären wie das funktioniert). Dein
Lernprozess damit entschuldigt nicht die Person wiederholt zu
misgendern.
- Ein Beispiel hierfür können Lernprozesse in Bezug auf Pronomen
- Teil von Verantwortung übernehmen ist auch über die Situation zu
- Reflexion alleine; Fragen, die du dir stellen kannst (über genau diese Fragen kannst
du aber auch mit einer anderen Person sprechen):- Ist mir aufgefallen, dass sich die Stimmung im Raum oder bei Einzelnen danach
verändert hat? Warum nicht? (z.B. Menschen sind stiller geworden, bringen
sich weniger ein, wirken müde usw.) - Warum habe ich das gesagt/getan?
- Was daran ist diskriminierend, warum ist das verletzend für Menschen?
- Liegt es an dem Kern, den ich meinte oder daran, wie ich es ausgedrückt habe?
(Wenn es an dem Kern des Inhaltes liegt braucht es wahrscheinlich eine tiefere
Reflexion) - Warum war es mir wichtig das zu sagen/ zu tun?
- Wie hat sich das in dem Moment angefühlt?
- Als du darauf angesprochen wurdest, hast du dich angegriffen gefühlt und
Abwehrmechanismen gemerkt? - Wie kann ich Verantwortung für mich/ meine Aktion übernehmen?
- Wie kann ich insgesamt dazu beitragen dass es weniger dazu kommt?
- Wo habe ich Wissenslücken und Verstehe ich Sachen nicht?
- Wo habe ich Angst und wie kann ich damit umgehen?
- Wie hätte ich die Situation anders lösen können?
- Wie kann ich reagieren wenn andere Menschen das so machen wie ich es
gemacht habe? - Hat der Raum/die Situation mein Verhalten begünstigt und wie kann ich daran
was ändern/ es ansprechen?
- Ist mir aufgefallen, dass sich die Stimmung im Raum oder bei Einzelnen danach
Sonderszenario:
Eine andere Person spricht dich auf diskriminierendes Verhalten an oder dass sie
vermutet oder weiß dass dein Verhalten eine Person aufgrund von Diskrimnierung
verletzt hat
- auch hier erst einmal zuhören
- wenn du weißt um welche Person es geht, sprich sie nicht von dir aus an oder
bedränge sie, wenn nur „hey, mir ist [das und das] aufgefallen, ich möchte mich
dafür entschuldigen. Wenn du über irgendwas davon noch reden möchtest oder
noch andere Kritik oder Anmerkungen hast, kannst du gerne auf mich
zukommen“
Intervention bei diskriminierendem Verhalten:
Wenn ihr das Gefühl habt irgendwas ist gerade nicht cool → dann traut euch was zu sagen,
das ist vielleicht schwierig und weckt Unsicherheit „was falsch zu machen“, aber
manchmal ist es nötig sich vulnerabel zu machen und auch diese Unsicherheit als Teil von
Verantwortung auszuhalten und sich dennoch zu überwinden