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Ressourcen / Good Practice

Umweltringvorlesung

Technische Universität Dresden

Inhalt

Die von Studierenden getragene TU-Umweltinitiative (tuuwi) organisiert seit fast 20 Jahren Umweltringvorlesungen, um Studierende für Umweltproblematiken zu sensibilisieren und sie mit wissenschaftlichen Fakten in Kontakt zu bringen.

Kontext

Die tuuwi Dresden besteht aus Studierenden aller Fachrichtungen und Semestern, die sich für Umwelt interessieren. Seit mehr als 25 Jahren setzt sie sich für Nachhaltigkeit an ihrer Universität ein. Dazu arbeitet die Initiative zum einen an Projekten zur Nutzung regenerativer Energien, zur Etablierung einer ressourcenschonenden Arbeitsmittelbeschaffung, zur Einführung und Ausweitung von Bio-Essen und veganen Alternativen auf den Speiseplänen der Mensen und zur Senkung des Energieverbrauchs in den Studierendenwohnheimen. Den eigentlichen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht sie allerdings im Bereich der Umweltbildung im Zeichen der „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“. Ziel ist es, die 35.000 Student_innen der Technischen Universität (TU) Dresden im Laufe ihres Studiums für ökologische Themen zu sensibilisieren und ihnen umweltrelevantes Wissen zu vermitteln. Die Umweltringvorlesungen sind essenzieller Teil dieses Anspruches.

Die Umweltringvorlesungen sind insofern gut institutionalisiert, da sie seit 2001 den Lehrauftrag der Kommission Umwelt der TU Dresden erfüllen. Während Organisation und Durchführung weitgehend selbstständig in der Verantwortung der tuuwi liegen, garantiert die Zusammenarbeit mit der Kommission Umwelt die akademische Qualität sowie die Finanzierung.

Die Teilnahme an der Ringvorlesung wird mit einem Credit Point vergütet und bei Ablegen der Klausur mit zwei. Diese Credit Points können darüber hinaus für das Zertifikat „Studium Oecologicum“ genutzt werden. Dieses Zertifikat erhält man, durch das Absolvieren von umweltrelevanten Vorlesungen und Seminaren im Rahmen von mindestens acht ECTS-Punkten.

Ziele

Studierende sollen für die verschiedensten Thematiken rund um Umwelt und Nachhaltigkeit sensibilisiert werden. Dazu setzen die Umweltringvorlesungen, von denen im Halbjahr zumindest immer zwei stattfinden, jedes Semester andere Schwerpunkte. Anliegen der tuuwi ist es, die wissenschaftlichen Standards einer Vorlesung im Rahmen des regulären Hochschulbetriebs zu erfüllen und die Studierenden auf hohem Niveau mit dem wissenschaftlichen Diskurs zu Umweltthemen vertraut zu machen.

Strukturen und Inhalte

Im Sommersemester 2015 wurden zwei Umweltringvorlesungen organisiert. Unter dem Titel „Wohin wachsen, wenn der Kopf schon an die Decke stößt?“ wurde sich in 14 Sitzungen mit dem Postwachstums-Diskurs auseinandergesetzt und in „Agrarwende durch Politik und Zivilgesellschaft“ der Frage nachgegangen, wie regionale, bäuerliche und ökologische Landwirtschaft gestärkt werden kann.

Die Referierenden wechseln in der Regel wöchentlich. Die Vorlesungen finden normalerweise im gängigen 90-Minuten-Format statt, wobei am Ende Raum für Diskussionen und Fragen ist. Die frontalen Vorlesungen werden durch Podiumsdiskussionen, Workshops und Exkursionen ergänzt. Die tuuwi bietet motivierten Studierenden die Möglichkeit, die Umweltringvorlesung zu organisieren. Eine bezahlte SHK-Anstellung, die sich auf 7 Stunden die Woche beläuft, bietet den Raum, die Veranstaltung sowohl inhaltlich als auch organisatorisch zu planen.

Ergebnisse

In den mehr als 20 Jahren, in denen die Umweltringvorlesungen veranstaltet wurden, wurden unzählige Studierende erreicht und auf wissenschaftlich gutem Niveau für das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit sensibilisiert. Zudem konnten zahlreiche weitere Studierende Erfahrungen in der Organisation von umweltrelevanten Vorlesungen gewinnen und durch dieses Engagement erfahren, was es heißt, die Lehre aktiv mitzugestalten.

Durch die Rückkopplung der Vorlesungen mit praktischen Workshops und Exkursionen konnten über den inhaltlichen Input hinaus, auch praxisnahe Erfahrungen gewonnen werden. So wurde im Sommersemester 2015 etwa zusätzlich zur Vorlesung zum Thema Agrarwende ein Workshop organisiert, der den tuuwi-Garten und eine Hofführung bei einem Bio-Landwirt in den Fokus rückte.

Die tuuwi konnte über die Vorlesungen auch immer wieder neue Mitglieder gewinnen. Studierende werden durch die Veranstaltungen nicht nur dazu motiviert, etwas an ihrer Hochschule zu verändern, sondern auch auf die Gruppe, als Möglichkeit ihrer Motivation Ausdruck zu verleihen, aufmerksam. Außerdem sehen die Veranstalter_innen einen Mehrwert in der Vernetzung und dem Kennenlernen von neuen bzw. unbekannten Akteuren.

Implementierungsstrategie

Das erste Möglichkeitsfenster war die deutsche Wiedervereinigung. In der Veränderungsluft von damals wurden die ersten Ringvorlesungen von einigen engagierten Studierenden und Dozierenden organisiert. Die Idee einer Umweltringvorlesung führte dazu, dass das „Studium Generale“ eingeführt wurde, welches inzwischen Bestandteil sehr vieler Prüfungsordnungen ist. Das heißt eine wichtige Struktur wurde damit von aktiven Studierenden geschaffen. Die Umweltringvorlesungen finden nun im Rahmen des „Studium Generale“ statt.

Eine wichtige Zusammenarbeit ist die mit der 1991 neugegründeten Kommission Umwelt, über die die Ringvorlesungen finanziert werden. Die konstante Finanzierung und damit dauerhafte Verantwortung, die die Koordinatorin/der Koordinator aus der tuuwi und die Organisator_innen der Reihen übernehmen, spielen eine wichtige Rolle zur erfolgreichen, langfristigen Umsetzung der Vorlesungen. Nicht zuletzt sind das hohe Engagement und der hohe Anspruch der Studierenden, die die Reihen inhaltlich konzipieren und organisieren, als Erfolgsfaktor zu nennen.

Eine Herausforderung sind die verschiedenen Prüfungsordnungen und das dauernde Sicherstellen, dass das „Studium Generale“ bzw. die Umweltringvorlesungen weiterhin mit Credit Points vergütet werden. Ein Erfolg war hierbei die Möglichkeit, in der Zusammenarbeit mit der Kommission Umwelt Prüfungen zu schreiben und zu benoten und als weiteren Anreiz das Zertifikat „Studium Oecokogicum“ überreichen zu können.

Wichtig ist außerdem, dass über die zentrale Qualitätsanalyse der TU Dresden auch die Umweltringvorlesungen als Lehrveranstaltung evaluiert werden und so Implikationen für die nächsten Semester daraus gezogen werden können.

Schwierig bei dem Format generell ist, die Balance zwischen fachlicher Tiefe und Zugänglichkeit für ein breites Publikum zu schaffen.

Erfahrungsbericht

Die Vorlesungen sind inzwischen fester Bestandteil des „Studium Generale“. Dozent_innen der TU Dresden selbst werden auch häufig als Referent_innen eingeladen und sagen in der Regel gerne zu.

2014 wurde die Umweltringvorlesung „AusNutztier“ zur besten Vorlesung im „Studium Generale“ gekürt. Auch insgesamt sind die Lehrveranstaltungsevaluationen meistens sehr positiv. Von anderen Universitäten und auch Hochschulgruppen der TU selber (z. B. Kritische Psycholog_innen) kamen bereits Anfragen, wie das Ganze organisiert wird. Auch gab es beispielsweise schon Rückmeldungen von Teilnehmenden, die durch eine Vorlesung über faire Kleidung dazu bewogen wurden, ein eigenes Projekt zu starten.

Die Resonanz seitens der Studierenden ist sehr gut. So konnten die Ringvorlersungen (zumindest in den letzten beiden Semestern) pro Vorlesung im Durchschnitt 100 Teilnehmer_innen verzeichnen. Auch die Lehrenden nehmen die Vorlesungen als gleichwertigen und wichtigen Bestandteil des Lehrplans wahr und manche animieren ihre Student_innen, die Umweltringvorlesungen zu besuchen, auch wenn diese nicht Teil des Lehrplans sind. Außerdem besuchen viele Studierende mehr als eine Umweltringvorlesung und zwar eben auch solche, die das laut Lehrplan gar nicht müssten.

Kernprinzipien

  • Von Studierenden für Studierende
  • Inhaltliche Qualität durch Lehrauftrag der Kommission Umwelt
  • Anrechenbarkeit im Rahmen des Studiums
  • Interdisziplinär: offen für Studierende aller Fachrichtungen
  • „Offen für Alle“: Mitarbeiter_innen, Bürger_innen, Universität, Senorienakademie