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Ressourcen / Good Practice

Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie

Freie Universität Berlin

Inhalt

Kontext

Die Freie Universität Berlin setzt bei ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten vor allem auf Governance: langfristig wirkende Strukturen und Strategien. Bereits 2001 richtete die Freie Universität ein systematisches Energie- und Umweltmanagement ein. Einen hohen Stellenwert nahmen dabei Programme und Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz ein. Um die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Universität noch stärker zu vernetzen und zu profilieren, wurde 2015 die Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie eingerichtet und direkt dem Präsidium zugeordnet. Weitere wichtige Governance-Schritte waren seither die Bildung eines Steuerungskreises Nachhaltigkeit, die Verabschiedung des Nachhaltigkeitsleitbildes, die Gründung der University Alliance for Sustainability und die breit angelegte Partizipationsstruktur mit unterschiedlichen Teambildungsprozessen.

Ziele

Kernaufgabe der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie ist die systematische Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in alle Bereiche der Universität. In der Stabsstelle arbeiten insgesamt zehn Beschäftigte und vier studentische Mitarbeiter_innen (Stand 2018). Die Arbeit der Stabsstelle folgt einem Whole Institution Approach, der auf eine systematische Integration von Forschung, Lehre und Campus Management zielt. Nur durch Zusammenarbeit aller Disziplinen und Bereiche kann die Querschnittsaufgabe des Nachhaltigkeitsmanagements erfolgreich implementiert werden. Deshalb nehmen Netzwerkarbeit und partizipative Formate wie Steuerungskreise, Nachhaltigkeitsteams, Auditteams oder die Mitwirkung in der ebenfalls an der FUB angesiedelten Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT! (siehe S. 118) einen hohen Stellenwert ein.

Strukturen und Inhalte

Zu den Kernaufgaben der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie zählen:

  • die Sichtbarmachung und Bündelung nachhaltigkeitsbezogener Forschung und Lehre
  • die Koordination des zentralen Steuerungsteams einschließlich der unterstützenden Arbeitsgruppen zu den Themen Forschung, Lehre, Campus-Management und Partizipation sowie der dezentralen Nachhaltigkeitsteams
  • die Steuerung und Koordination der vom DAAD geförderten „University Alliance for Sustainability“ in Zusammenarbeit mit den vier strategischen Partneruniversitäten (s.u.) der FU Berlin
  • die Mitwirkung am Bau-, Facility-, IT- und Beschaffungs-Management
  • den Aufbau und die Weiterentwicklung des Umweltmanagementsystems und dessen Zertifizierung nach EMAS
  • die Steuerung des universitätsweiten Energiecontrollings sowie des Prämiensystems zur Energieeinsparung
  • die Steuerung des Entsorgungsmanagements
  • die Mitwirkung in der 2010 mitgegründeten Initiative für Nachhaltigkeit und Klimaschutz SUSTAIN IT!
  • die Mitwirkung in regionalen und internationalen Nachhaltigkeitsnetzwerken, Letztere sind: UNICA Green, International Sustainable Campus Network (ISCN) und Green Alliance of Universities for a Sustainable Future (GAUSF).

Ergebnisse

2015 hat das Präsidium der Freien Universität Nachhaltigkeitsleitlinien verabschiedet, die auf einen Entwurf der Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT! und der Stabstelle Nachhaltigkeit und Energie zurückgingen. Im Anschluss daran wurden alle Universitätsangehörigen von der Universitätsleitung gebeten, sich mit dem Leitbild auseinanderzusetzen und Ergänzungs- und Änderungsvorschläge zu unterbreiten, die in einem öffentlichen Workshop erörtert wurden. Die so ergänzten Umweltleitlinien wurden im April 2016 erneut durch das Präsidium verabschiedet.

Internationale Kooperationen nehmen einen hohen Rang an der Freien Universität ein. 2015 hat sie gemeinsam mit ihren vier strategischen Partneruniversitäten – der Hebrew University of Jerusalem, der University of British Columbia in Vancouver, der Sankt Petersburg State University und der Peking University – die University Alliance for Sustainability gegründet [1]. Die Alliance folgt einem holistischen Ansatz und zielt auf eine systematische Verknüpfung von Aktivitäten in Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Campus-Management. Sie setzt auf die Nutzung der komplementären Stärken der Partneruniversitäten, um gemeinsame Forschungs- und Lehrprojekte zu entwickeln. Im Rahmen jährlicher Spring Campus Konferenzen und regelmäßiger Teaching- und Management-Workshops werden neueste Forschungsergebnisse, Best-Practice-Beispiele und mögliche Kooperationen erörtert. Die Alliance wird durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für die Laufzeit von sechs Jahren (2015-2020) gefördert.

Um dem Thema nachhaltige Entwicklung (NE) in der Lehre künftig mehr Sichtbarkeit und Gewicht zu geben, hat die Arbeitsgruppe Lehre des Steuerungskreises Nachhaltigkeit 2017 den neuen Kompetenzbereich NE für den (obligatorischen) Studienbereich Allgemeine Berufsvorbereitung (ABV) entwickelt. Bachelor-Studierende erwerben hier berufsrelevante Methoden- und Sozialkompetenzen. Der neue Kompetenzbereich wird ab dem Wintersemester 2018/19 offiziell starten und von der Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie koordiniert werden. Es werden vier unterschiedliche Module zu den Themen Nachhaltigkeit managen, Nachhaltigkeit erforschen, Nachhaltigkeit konkret gestalten und Nachhaltigkeit kommunizieren angeboten. Alle Module thematisieren die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, sind in eine Theorie- und Praxisphase unterteilt und orientieren sich an den Kriterien des Konzeptes Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).

Das 2018 gestartete Projekt Sustainability Toolbox hat das Ziel, eine Online-Lehr- und Lernplattform aufzubauen, die umfangreiche Informationen zu Nachhaltigkeitsthemen in Lehre, Forschung und Campus-Management zur Verfügung stellt. Sie erweitert die Präsenzlehre des künftigen Kompetenzbereiches NE und die Lehrkooperationen der University Alliance for Sustainability um ein digitales Lehr- und Lernangebot.

Gezielte Energieeffizienzprogramme haben unter anderem im Zusammenspiel mit dem universitätsinternen Prämiensystem zur Energieeinsparung und einem seit 2010 umgesetzten Green-IT Handlungsprogramm dazu geführt, dass die Freie Universität ihren Energieverbrauch zwischen 2001 und 2011 um mehr als ein Viertel bzw. rund 42 Millionen Kilowattstunden reduzieren konnte. Seither bewegt sich der Energieverbrauch mit geringen Schwankungen in etwa auf diesem Niveau, wobei flächenbereinigt 2017 ein neuer Tiefststand erreicht wurde. Die hiermit verbundenen jährlichen Kosteneinsparungen betrugen 2017 flächenbereinigt 4,2 Millionen Euro im Vergleich zum Basisjahr 2000/2001. Kumuliert seit 2003 liegen die durch die Energieeinsparungen erzielten Einsparungen bei etwa 42,7 Millionen Euro. Zudem wurden die energiebedingten CO2-Emissionen seit 2001 um rund 36 % (bei Zugrundelegung der GEMIS/UBA-Emissionsfaktoren) bzw. 81 % bei Einbeziehung des seit 2010 CO2-neutralen Strombezuges reduziert.

Eine erste Photovoltaikanlage wurde 2008 auf dem Physikgebäude installiert. Bis 2011 wurden acht weitere Solaranlagen in Betrieb genommen, darunter eine von Studierenden initiierte und finanzierte Anlage. Die Anlagen haben zusammen eine Kapazität von 675 Kilowatt. Zudem hat die Freie Universität Berlin im Februar 2013 erstmals zwei kraftwärmegekoppelte Blockheizkraftwerke (BHKW) in Betrieb genommen. Zwei weitere BHKW folgten 2014 und 2016.

Implementierungsstrategie

Meilensteine

Begünstigende Faktoren

  • starkes und kontinuierliches Commitment der Hochschulleitung und direkter Zugang zu dieser
  • Teambildungsprozesse als Grundlage einer nachhaltigkeitsorientierten Organisationsentwicklung
  • Einsatz des Energie-Monitorings als Controlling- und Kommunikationsinstrument
  • Gründung der University Alliance for Sustainability als Katalysatorin für internationale Kooperationen und FU-interne Vernetzungsprozesse
  • Einwerbung von Fördermitteln für die Energieeffizienzprogramme
  • Auszeichnungen und Awards wie beispielsweise die Zertifizierung nach ISO 14001, die Auszeichnung durch die „KlimaSchutzPartner“ Berlin (2003, 2008 und 2015) sowie den GASAG-Zukunftswettbewerb (2010 und 2012)

Herausforderungen

  • hoher Partizipations- und Kommunikationsaufwand durch erforderliche Einbindung der internen Stakeholder
  • Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen technisch-wirtschaftlichen, organisatorischen und verhaltensbezogenen Maßnahmen
  • hoher inter- und transdisziplinärer Koordinationsbedarf

Erfahrungsbericht

Die Freie Universität hat mit den dargelegten Aktivitäten den Beleg erbracht, dass Hochschulen in der Lage sind, auf freiwilliger Basis ein universitätsweites Nachhaltigkeitsmanagement zu institutionalisieren. Mit ihren Energieeffizienzaktivitäten hat sie verdeutlicht, dass es auch in diesem Bereich, der zu den bislang energiepolitisch eher vernachlässigten Bausteinen der Energiewende zählt, interessante und umsetzbare Potentiale vorhanden sind. Die dargelegten Erfolgsfaktoren verdeutlichen insgesamt, dass Nachhaltigkeit in einer Universität erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn sie als eine langfristige Führungs- und Integrationsaufgabe wahrgenommen wird. Internationale Kooperationen sind dabei zunehmend relevant – nicht nur für den internationalen Erfahrungsaustausch, sondern auch für Vernetzungsprozesse innerhalb der Universität. Insgesamt waren die bisherigen Aktivitäten an der Freien Universität Berlin von einer schrittweisen und beteiligungsorientierten Vorgehensweise geprägt.

Kernprinzipien

  • die Orientierung an einem disziplinen- und bereichsübergreifenden Whole Institution Approach
  • die systematische Verknüpfung von Management, Netzwerkarbeit und Partizipation
  • hohe Relevanz internationaler Kooperationen und Nachhaltigkeitsnetzwerke
  • Teambildungsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen (Steuerungsteam, dezentrale Nachhaltigkeitsteams, Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT!) als Kern organisatorischer Veränderungsprozesse
  • enge Kooperation mit dem betrieblichen Bau-, Facility- und IT-Management und externen Consultants