netzwerk n

Ressourcen / Good Practice

Smart Library

Universität Hildesheim

Inhalt

Den Energieverbrauch durch intelligente Steuerungssysteme zu senken – das ist das Ziel der Smart Library der Universität Hildesheim. Sie ist eine der ersten Bibliotheken mit technisch optimiertem Energiemanagement in Deutschland. Im Rahmen eines bundesweit einmaligen Lehr- und Forschungsprojekts hat die Universitätsbibliothek mit Studierenden des Bereichs Umwelt, Wissenschaftler_innen, Mitarbeiter_innen des Baudezernats sowie beteiligten Firmen die Umrüstung erarbeitet und implementiert. Mit den Energieeinsparungen durch den Einsatz von intelligenten Steuerungssystemen ist die Bibliothek ein Modell für weitere öffentliche Gebäude.

Kontext

In der Bibliothek der Universität Hildesheim trifft seit 2011 klassische Literatur auf moderne Technologie. In dem seit 1990 bestehenden, zweigeschossigen Gebäude ist ein System für ein intelligentes und umfassendes Energiemanagement installiert worden. Entwickelt und umgesetzt wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit Studierenden, Wissenschaftler_innen, Techniker_innen und dem Baudezernat der Universität Hildesheim. Herzstück sind „Smart-Home-Technologien“, die die Gebäudetechnik in einem Netzwerk zusammenführen und zentral steuern lassen. Die Smart Library, als bundesweit eine der ersten umgerüsteten energieeffizienten Bibliotheken kann als Modell für weitere öffentliche Gebäude dienen und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Universität Hildesheim im Bereich Betrieb bei.

Ziele

Ziel der Smart Library der Universität Hildesheim ist es, den Stromverbrauch um bis zu 45 Prozent und die Heizkosten um bis zu 30 Prozent zu senken. Insgesamt werden im Schnitt Energieeinsparungen und Kostensenkungen um bis zu 35 Prozent erwartet. Mithilfe der intelligenten Steuerung kann zusätzlich das Raumklima verbessert und ein optimaler Luftaustausch gewährleistet werden. Als Herzstück der Universität sowie als Lern- und Arbeitsort zugleich sind die angestrebten Verbesserungen im Bereich der Betriebstechnik nicht nur im großen Rahmen mit der Entwicklung von nachhaltigen Städten und Gemeinden verbunden (Sustainable Development Goal 11), sondern tragen auch zum Erhalt eines hochwertigen Bildungsangebots bei (Sustainable Development Goal 4).

Strukturen und Inhalte

Die Smart Library wurde in Kollaboration zwischen der Universitätsbibliothek Hildesheim und dem Institut für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik durchgeführt.

Das Projekt umfasste drei Maßnahmenpakete:

Licht

  • Austausch der vorhandenen Leuchtstoffröhren durch energiesparende Röhren unter Beibehaltung des vorhandenen Anbringungssystems
  • Außenlichtabhängige Steuerung der Beleuchtung entlang der Fensterfronten

Intelligentes Netz

  • Funkbasiertes Netz zur Erfassung von Zustandsdaten (Temperatur, geöffnete Fenster, Stromverbrauch, Wetterdaten) und Fernsteuerung von z.B. Jalousien
  • Zentraler Steuerserver mit browserbasierter Oberfläche für Konfiguration und Überwachung

Klima

  • Einteilung der Universitätsbibliothek (UB) in 23 Regelzonen für feingliedrige Temperatursteuerung
  • Automatische Nachtabsenkung der Temperatur
  • Automatisches Abschalten der Heizung bei geöffneten Fenstern
  • Sonnen- und temperaturabhängige Steuerung der Jalousien zur Minimierung der Überhitzung bei gleichzeitiger Ausnutzung solarer Energie im Winter
  • Kühlung der Räume durch Spülung mit kalter Luft durch Ventilatoren in den Nachtstunden

Über die zentrale Steueroberfläche kann die Parametrisierung des Systems vorgenommen und laufend angepasst werden. Daten zum Außenklima, Temperatur, Stromverbrauch etc. werden aufgezeichnet und stehen für detaillierte Analysen zur Verfügung.

Bei der Entwicklung und Umsetzung der Smart Library waren Studierende der Universität beteiligt. In Abschlussarbeiten des Bereichs Umwelt wurde das Thema Energiesparen in öffentlichen Gebäuden zuvor bereits thematisiert. In Zukunft ist bei einer weitergehenden Analyse und Optimierung des Bibliotheksgebäudes sowie anderer Gebäude der Universität eine Beteiligung in Form von Abschlussarbeiten und Forschungsprojekten auch weiterhin möglich.

Ergebnisse

  • Reduktion des jährlichen Stromverbrauchs um ca. 45% oder 41.000 kWh innerhalb des Bibliotheksgebäudes im Vergleich zum Stromverbrauch vor der Umrüstung der Gebäudetechnik
  • Reduktion des Heizenergieverbrauchs
  • Deutlich verbessertes Raumklima in der Bibliothek
  • Optimale Nutzung solarer Energiegewinne in Kombination mit erheblich reduzierter Störung durch unkoordinierte Jalousiebewegungen
  • Erhöhtes Energiebewusstsein beim Bibliothekspersonal

Implementierungsstrategie

Meilensteine

Begünstigende Faktoren

  • Unterstützung durch die Universitätsleitung
  • Vorhandene Vorerfahrungen aus Pilotprojekten des Instituts für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik
  • Handlungsdruck, da vorhandene Steuerungsmöglichkeiten unzureichend waren

Herausforderung

  • Umsetzung im laufenden Betrieb
  • Veraltete Haustechnik, insb. Heizungsnetz

Erfahrungsbericht

Der Umbau verlief im laufenden Betrieb nahezu unbemerkt von den Nutzer_innen der Bibliothek. Der vorgesehene Kostenrahmen konnte eingehalten werden. Im Bereich der Beleuchtung konnte eine Einsparung von ca. 45% nachgewiesen werden, bei gleicher Beleuchtungsstärke. Dadurch ergibt sich im Sommer eine erheblich verringerte Wärmeentwicklung und folglich ein deutlich besseres Raumklima an heißen Tagen.

Im Bereich der Klimatisierung wurde eine deutlich gleichmäßigere Temperaturverteilung erreicht, wodurch ein angenehmeres Arbeitsklima entstanden ist. Auch die zentrale Steuerung über eine Web-Oberfläche hat sich bewährt. Die erneuerte intelligente Jalousiesteuerung funktioniert gut, die zuvor häufigen Klagen über ständige Jalousiebewegungen oder Blendung bei starker Sonneneinstrahlung sind deutlich zurückgegangen.

Hinsichtlich der Energieeinsparung sind die Erfahrungen gemischt: Durch eine unerwartet hohe Trägheit des mit Büchern gefüllten Gebäudes in Verbindung mit einer nachträglich als suboptimal erkannten Hydraulik der Heizungsanlage konnten die vorgesehenen Werte für die Nachtabsenkung der Temperatur nicht vollständig umgesetzt werden. Entsprechend konnte auch das erwartete Einsparpotential nicht voll ausgenutzt werden.

Die Beschäftigung mit dem Thema Energiesparen in Verbindung mit der einfachen Möglichkeit Verbrauchskurven zu visualisieren, hat zu einem erhöhten Energiebewusstsein im Kollegium der Bibliothek geführt. Dies spiegelt sich in einem geänderten Verhalten im Alltag wieder (kürzeres, gezielteres Lüften, konsequentes Ausschalten der Beleuchtung bei Abwesenheit etc.).

Kernprinzipien

  • Der Einsatz von Funktechnologie beim Aufbau des intelligenten Steuerungsnetzes ist in Bestandsgebäuden unumgänglich, nur so ist die Anbindung zahlreicher Sensoren und Antriebselementen bei minimalem Aufwand für die Verkabelung möglich
  • Der Austausch veralteter Beleuchtungstechnik bringt erhebliche Einsparungen, hierdurch können die Projektkomponenten mit längerer Amortisationszeit (z.B. beleuchtungsabhängige Steuerung) quersubventioniert werden
  • Das Einsparpotential durch eine intelligente Temperatursteuerung ist umso größer,je schlechter die vorhandene Dämmung des Gebäudes und je länger die Zeit der Nichtnutzung ist
  • Eine manuelle Nachsteuerung einzelner Komponenten des Systems ist auch weiterhin möglich. Neben der Optimierung der Energietechnik ist ein energiesparendes Nutzungsverhalten unverzichtbar und bedarf vor allem in Gebäuden ohne Sensortechnik Kampagnen zur Sensibilisierung