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Ressourcen / Good Practice

Radbox

Universität Bayreuth, GreenCampus, StuPa, Create YOUR Campus

Inhalt

Kontext

Die Idee einer Fahrradselbsthilfewerkstatt an der Universität Bayreuth geht auf den studentischen Ideenwettbewerb Create YOUR Campus im Sommersemester 2017 zurück. Studierende bekundeten ein großes Interesse an einer solchen Werkstatt, was sich auch im Rahmen einer von Prof. Dr. Susanne Tittlbach und Dr. Stefan Kurth (Verwaltungsmitarbeiter) an der Universitätsbibliothek durchgeführten Fahrradmobilitätserhebung zeigte. Stefan Kurth, Initiator des Projekts » Fahrradfreundliche Uni, fahrradfreundliches Bayreuth «, begeisterte das Team des Umweltbüros (GreenCampus) für die Idee einer Fahrradselbsthilfewerkstatt. Gemeinsam mit Dennis Heinig entwickelte er ein Ausstattungs- und Betriebskonzept. Nach einem ersten Austausch mit dem Studierendenparlament engagierten sich Dennis Heinig und Juliane Schulz im Juni 2018 für die Gründung des StuPa-Arbeitskreises Fahrradmobilität. Zudem sagten beide zu, für das folgende Studienjahr die Betreuung einer Fahrradselbsthilfewerkstatt zu übernehmen.

Auf der Suche nach einer bzw. einem Fahrradmechaniker*in, die bzw. der die Studierenden bei Reparaturen berät und coacht, kontaktierten wir alle Bayreuther Fahrradhändler. Felix Lautner, Inhaber des Geschäfts Trailhouse, sagte zunächst für das Wintersemester 2018/19 seine Unterstützung zu. Stefan Kurth bemühte sich um einen geeigneten Raum und um die Finanzierung. Die Hochschulleitung stellte eine Räumlichkeit in Aussicht. Im ersten Jahr trugen die Universität, das Studentenwerk, der Verein zur Förderung des Hochschulsports und das Institut für Sportwissenschaft gemeinsam die Finanzierung der Ausstattung und des Betriebs.

Im Oktober 2018 bestellten wir das Werkzeug, das wir im GreenCampus-Büro lagerten. Im Dezember gaben wir noch einen Werkstattwagen in Auftrag. Den in Aussicht gestellten Raum konnten wir aus Sicherheitsgründen – Fluchtwege für benachbarte Labore – leider doch nicht nutzen. Eine von Prof. Dr. Frank Döpper (Lehrstuhl Umweltgerechte Produktionstechnik) angebotene Übergangslösung klappte aus technischen Gründen ebenfalls nicht. Seither bemühen wir uns gemeinsam mit dem Kanzler und der Zentralen Technik um eine Alternative. Mit kräftiger Unterstützung von Lieven Hofmann, der seit dem ersten Treffen des Arbeitskreises Fahrradmobilität dabei ist, verfolgen wir aktuell die Vision, einen eigenen Werkstatt-Container vor dem Glashaus an einem zentralen Ort auf dem Campus aufzustellen.

Im Sommersemester 2019 trieben vier Mitglieder des GreenCampus-Teams das Projekt mit vollem Elan voran. Durch die gebündelte Kraft und den Beschluss der Hochschulleitung vom Juli 2019 stand dem Aufbau der Fahrradwerkstatt nichts mehr im Weg. In den darauffolgenden Wochen finalisierten wir im regen Austausch mit der Zentralen Technik die Umsetzung. Wir stellten den Werkstatt-Container Ende September 2019 auf. Nach einer kurzen, optischen Schönheitskur und der Einrichtung der Werkstatt eröffneten wir diese pünktlich zum Start des Wintersemesters.

Ziele

  • Vermittlung eines Verständnisses für die zumeist einfache Technik des Fahrrads
  • Gewährleistung der Verkehrssicherheit von Fahrrädern
  • Förderung von CO2-neutraler Mobilität
  • Sensibilisierung, wie Ressourcen durch Reparatur und Weiterverwendung zu schonen sind

Bezug zu Suffizienz

Die Nutzer*innen merken, dass sie Reparaturen an ihrem Fahrrad leicht selbst durchführen können. Meistens braucht es nicht viel: ein bisschen Klebeband, Fett, einen Kabelbinder oder eine neue (oder alte) Schraube. Häufig genügen Ersatzteile und die Selbstreparatur ist zudem sehr günstig. Mitunter ist es ausreichend, wenn ihr Freund*innen fragt, ob ihr nicht ein paar Teile eines seit Jahren ungenutzten und im Keller eingelagerten Fahrrads verwenden könnt.

Die RadBox ergänzt anwendungsorientiert Lehrveranstaltungen zum Thema Klimawandel. So beginnen Studierende umzudenken. Wir unterstützen sie bei der praktischen Umsetzung von mehr Nachhaltigkeit und Suffizienz.

Ein konkretes Beispiel: Viele bringen einen neuen Fahrradschlauch zu uns, der ihren kaputten ersetzen soll. Doch auch einen Fahrradschlauch können wir selbst reparieren. Für den nächsten platten Reifen greifen die Studierenden auf einen kleinen Flicken zurück und reparieren ihr Rad selbst unterwegs.

Uns begeistert außerdem, dass Studierende die Werkstatt für Upcycling-Projekte nutzen. Eine Weinkiste dient z.B. als Korb auf dem Fahrradgepäckträger; aus einer alten abgebrochenen Lampe, einer noch älteren funktionstüchtigen Halterung und einer LED basteln wir gemeinsam etwas Neues.

Aufbau und Inhalt

Wir haben eine sehr unkomplizierte demokratische Struktur: Der gewählte Vorstand besteht aus zwei Personen. Der Vorstand hält Sitzungen ab, koordiniert die engagierten Studierenden und übernimmt den Großteil der Kommunikation mit der Universitätsverwaltung und externen Akteur*innen. Die engagierten Studierenden übernehmen Aufgaben, auf die sie Lust haben, z.B. organisatorische Aufgaben oder eine Schicht in der RadBox. Über strukturelle Veränderungen und finanzielle Ausgaben entscheiden wir per Abstimmung im Mehrheitsprinzip.

Ergebnisse

  • Nach dem Ende des ersten Semesters der RadBox haben wir knapp 750 Fahrräder repariert.
  • Die Studierenden haben ca. 750 € gespendet. Das Geld investieren wir in Werkzeuge, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialen.
  • Die RadBox startete ohne Ersatzteile. Jetzt haben wir ca. 50 Schläuche, 30 Bremsklötze und 2,5 l Kettenöl vorrätig.
  • Langfristig wollen wir neben der Werkstatt einen Ort für Fahrradfahrende schaffen.

Wir wünschen uns eine Community, die die Idee des Fahrradfahrens in die Welt trägt. Dafür haben wir einen Kalender an der Wand hängen, in dem wir alle Veranstaltungen sammeln, die uns interessieren: z.B. Critical Mass, Fahrradversteigerungen, Infoveranstaltungen für Radler*innen.

Verstetigung

Durch den Beschluss der Hochschulleitung und die vorangegangenen Veranstaltungen wie » Uni goes Rad « haben wir viele Punkte in Workshops erarbeitet und direkt mit dem Kanzler besprochen und geklärt. Dadurch haben wir uns für die Zukunft eine gute Grundlage geschaffen. Eine Schließung, die anfangs von vielen befürchtet wurde, ist nach der Etablierungsphase nicht mehr in Sicht. Wir haben allen Ängsten entgegenwirkt. Langfristig ist eine Integration in ein Gebäude mit vergrößerter Fläche angedacht, um möglichst vielen Studierenden den Raum zu geben, selbst ihr Fahrrad zu reparieren.

Studentische Partizipation

Motivierte Studierende engagieren sich ehrenamtlich und stehen mit Rat und Tat den Nutzerinnen der RadBox zur Verfügung. Insgesamt besteht das Team aus 35 Mitgliedern, die sich in zwei Gruppen einteilen: zum einen Schrauberinnen (Mehrzahl) und zum anderen Organisator*innen.

Umsetzung

Einblicke

So etwas wie die RadBox war hier an der grünen Uni Bayreuth längst überfällig.

Cool, dass mal etwas für Radfahrer*innen am Campus gemacht wird.

Uns freut es sehr, dass Studierende zu uns in die Werkstatt kommen und sagen: » Ich habe gehört, dass ich hier lernen kann, wie ich mein Fahrrad repariere «. Das zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht und bestätigt und bestärkt uns darin, dass wir gute Arbeit leisten. Generell machen wir keine Werbung für unser Angebot, weil wir mit dem momentanen Andrang voll ausgelastet sind.

Bisherige Erfolge

  • innerhalb des dreimonatigen Bestehens schätzungsweise 750 Reparaturen an Fahrrädern und Zubehör jeglicher Art, von losen Schrauben über schwächelnde Glühbirnen bis zur komplexen Rettung der hydraulischen Sattelstütze
  • auf das Fahrrad bezogene, von Studierenden initiierte Upcycling-Projekte
  • über 500 Aha-Erlebnisse von Nutzer*innen, die einen von ihnen als kaputt deklarierten Gegenstand wieder funktionstüchtig machten