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Ressourcen / Good Practice

Poetry ohne slam: Migration, Krieg und Klimakrise. Wie können, wie wollen wir zusammenleben?

Bergische Universität Wuppertal, Students for Future Wuppertal , netzwerk n e.V

Inhalt

1 Kontext

1.1 Entstehungsgeschichte und Motivation

Wer hat den poetry ohne slam initiiert?
Die Idee zu einem poetry ohne slam ist innerhalb der der AG Migration, Flucht, Rassismuskritik (im Folgenden abgekürzt mit AG) entstanden. Diese AG besteht seit Ende 2015 an der Bergischen Universität Wuppertal (BUW) und ist am Institut für Erziehungswissenschaft angesiedelt. Von der AG werden regelmäßig verschiedene Veranstaltungen wie Fachvorträge, Filmvorführungen mit anschließender Podiumsdiskussion organisiert, um einige wenige Beispiele zu nennen. Im Fokus der AG sind gegenwärtige politisch und gesellschaftlich relevante Geschehnisse sowie Forschungsdebatten, die die Themen Migration und Flucht betreffen. Wesentlich ist ein rassismuskritischer Blick auf die behandelten Inhalte.
Wie ist die Idee entstanden?
Im Wintersemester 2021 veranstaltete die AG gemeinsam mit dem In Touch-Projekt der BUW eine literarische Lesung. Das In Touch-Projekt bemüht sich um die Belange von Studierenden mit Fluchthintergrund an der BUW und stellt hierfür unter anderem verschiedene Programme zusammen. Die gemeinsam veranstaltete Lesung mit anschließender Diskussion fand aufgrund der Pandemie im Online-Format statt. Bei der Lesung trugen Abdulrahman Alasaad und Wael Kayyali, beide Studierende an der BUW, ihre Texte vor, die innerhalb eines In Touch-Schreibwettbewerbs zum Thema „Weggehen bedeutet ein wenig zu sterben. Ankommen bedeutet nie anzukommen“ entstanden sind. Abdulrahman Alasaad gewann den Schreibwettbewerb, Wael Kayyali belegte den zweiten Platz (mehr Infos unter: https: //www. erziehungswissenschaft. uni-wuppertal. de/de/ professuren/temporaere-ags/publikationenweiterfuehrende-links/).
Die Initiator*innen haben diese Lesung vor allem deshalb als besonders erfolgreich empfunden, weil erstens nicht über Menschen mit Fluchterfahrung gesprochen wurde, sondern sie selbst zu Akteur*innen wurden. Zweitens konnten die künstlerischen Beiträge zu einem Verstehen anregen, das nicht nur auf Wissensvermittlung setzt, sondern mehrere Formen von Wahrnehmung, Erfahrung und Erkenntnis miteinander verbindet. Diese zwei Aspekte haben die AG-Mitglieder dazu bewogen, erneut eine ähnliche Veranstaltung zu initiieren, bei der künstlerische Beiträge im Vordergrund stehen und Menschen zu Wort kommen, die an Universitäten zu oft unterrepräsentiert sind.
Wie lief die Zusammenarbeit?
Besonders wichtig war es In Touch sowie der AG in einer größeren Kooperation eine Veranstaltung zu organisieren, damit sich viele verschiedene Gruppen beteiligen und ihre Ideen einbringen konnten. Zudem war es auch wichtig, viele Akteur*innen/Menschen an der Universität anzusprechen, damit die Veranstaltung universitätsintern weit verbreitet wurde. Nach und nach wurden daher die Students for Future Wuppertal, der AStA und das netzwerk n angesprochen. Zudem hat das Team von der Schreibwerkstatt „wort. ort“ an der BUW bei der Sichtung der eingereichten Beiträge unterstützt. Der AStA stellte seine Räumlichkeiten zur Verfügung, sowie die Bühne und die entsprechende Technik, zudem übernahmen Mitglieder des AStA die gesamte Raumorganisation am Veranstaltungstag. Auch begleitete der AStA die Videoübertragung der Veranstaltung. Schließlich hatte sich kurzfristig die Möglichkeit ergeben, die Veranstaltung filmisch von 2 Praktikant*innen des Medienprojekts Wuppertal begleiten zu lassen. Die Dokumentation wird voraussichtlich Ende des Jahres 2022 erscheinen. Das feste Organisationsteam bestand aus 7 Personen.
Als das Thema feststand, vor allem, dass ein Austausch zwischen den Themen Klimakrise und Migration/Flucht angeregt werden soll, hat sich die public climate school der Students for Future Wuppertal als passender Rahmung für die Veranstaltung angeboten, die regelmäßig im Sommersemester an der BUW stattfindet.
Ein erstes Treffen fand Anfang März statt. Insgesamt fanden fünf Videokonferenzen statt, daneben einige wenige Treffen mit jeweils 2-3 Personen vor Ort für die Besprechung spezifischer Fragen. Die gesamte Vorbereitungszeit betrug ca. 2 ½ Monate.

1.2 Inhalt und Beitrag zu Nachhaltigkeit & Hochschule

Wie kam es zur Themenwahl?
Zusammenhang Migration/Flucht und Klimawandel/Umweltzerstörung

Thematisch setzte die AG sehr früh als Thema den Zusammenhang von Migration/Flucht und Klimawandel/Umweltzerstörung, da dieser eher selten Thema von Forschung und öffentlicher Debatte ist, trotz seiner besonderen Relevanz. Dabei war es den Initiator*innen vor allem wichtig, Umweltzerstörung und Klimawandel nicht bloß als migrationsauslösende Faktoren zu verstehen. Dies würde unter anderem eine Betrachtung in den Vordergrund rücken, durch die Migration ausschließlich als ein Problem angesehen wird, welches durch Umweltzerstörung zusätzlich vergrößert wird. Die Infragestellung nationalstaatlicher Grenzen und Kritik an Migrationsregimen und an rassistischen und diskriminierenden Praktiken würden so eher vernachlässigt werden. Stattdessen sollte der Zusammenhang von Klima und Migration stärker in den Kontext von Humanität und globaler Solidarität gestellt werden, das heißt für die Initiator*innen danach zu fragen, wie dieser Zusammenhang Entwürfe eines globalen gesellschaftlichen Zusammenlebens betrifft, die sich an Werten wie Gewaltlosigkeit, Frieden, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie orientieren. Es sollten also solche Fragen im Fokus stehen wie:

  • Gibt es ein Gefälle zwischen denen, die für Umweltzerstörung verantwortlich sind und denen, die die Folgen zu tragen haben?
  • Wie hängt die Ausbeutung von Naturund Tierwelt mit der Ausbeutung von Menschen, ihrer Arbeitskraft und Lebenszeit zusammen? Welche Rolle spielen hierbei rassistische und postkoloniale sowie neoliberale Denkmuster?
  • Wie beeinflussen diese Denkmuster Fragen nach sozialer Ungleichheit im globalen Maßstab?
  • Welche Gruppen, Interessen und Perspektiven sind in der Umweltund Klimabewegung unterrepräsentiert (z. B. von People of Colour, Menschen aus dem globalen Süden, Nicht-Akademiker*innen)?
  • Wie können soziale Bewegungen aber auch bestehende Institutionen wie Universitäten dazu beitragen, solche Fragen produktiv zu bearbeiten und praktisch umzusetzen?

Bezug zu Krieg
Kriege bedeuten die Zerstörung von Menschenleben und von Lebensgrundlagen allgemein. Der Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatte uns dazu bewogen, bei der Spezifizierung des Themas noch stärker machtund friedenspolitische Perspektiven anzuvisieren. Ein Krieg, der bereits seit vielen Jahren in der Ostukraine und auf der Krim das Leben vieler Menschen prägt und doch erst mit dem russischen Angriffskrieg stärker in die deutsche wie internationale Öffentlichkeit gerückt ist. Die Kriegsflüchtenden aus der Ukraine sind die ersten und einzigen, seit Schaffung der europäischen gesetzlichen Regelung zur Aufnahme über die Massenstromrichtlinie (§ 24 AufenthaltsG), bei denen diese Richtlinie greift, die ihre Rechte auf Arbeit, Bildung und medizinische Versorgung im europäischen Raum um einiges erleichtert. Das steht für eine starke Solidarität. Zugleich wird aber deutlich, dass hier auch Diskriminierungspraktiken greifen. Die Initator*innen haben sich daher gefragt: Weshalb stehen anderen Flüchtendengruppen und Asylaufsuchenden, die beispielsweise aus Afghanistan oder Syrien fliehen, diese rechtlichen Zusicherungen nicht zu? Ihre Fluchtsituation und Bleibebedingungen und -perspektiven geraten zunehmend aus dem Feld der Öffentlichkeit und es zeigt sich, dass wir von einer tatsächlichen globalen Solidarität noch weit entfernt sind.
Thementitel
Gemeinsam haben wir uns auf den Titel „Migration, Krieg und Klimakrise. Wie können, wie wollen wir zusammenleben? “ geeinigt. Ausschlaggebend war dabei, möglichst viele Menschen anzusprechen, daher haben wir eine Frage formuliert, die zum Nachdenken anregen und auch offen lassen sollte, ob man aktuelle Entwicklungen thematisieren möchte oder eher utopische Entwürfe wie z. B. Gegenentwürfe zu bestehenden Verhältnissen/gesellschaftlichen Situationen. Zudem haben wir den Zusammenhang von Migration, Krieg und Klimakrise angedeutet und im Ausschreibungstext erklärt, jedoch nicht zum Kriterium gemacht, dass dieser Zusammenhang thematisiert werden muss, wenn man einen Beitrag einreichen will. Es war ausreichend, wenn sich Beiträge nur mit einem der Themen auseinandergesetzt haben. Damit war beabsichtigt, die Hürden, sich zu bewerben, möglichst niedrig zu halten.
Warum gerade das Format poetry ohne slam?
Eine Annäherung an das beschriebene Themenfeld sollte durch eine Form erfolgen, in der Politik und Ästhetik aufeinandertreffen und durch die die bisher beschriebenen Aspekte bestmöglich umgesetzt werden können. Anstatt den thematischen Zusammenhang beispielsweise durch Fachvorträge wissenschaftlich zu systematisieren und zu differenzieren, war es unser Anliegen, eine Form zu finden, durch die eine breite Partizipation ermöglicht werden kann, mit möglichst wenig Barrieren – sowohl für die Teilnehmenden auf der Bühne als auch im Publikum. Die positiven Erfahrungen aus der beschriebenen Lesung waren der Anlass, künstlerische Beiträge zum Schwerpunkt zu machen, und zwar nicht nur von bereits etablierten Künstler*innen, sondern von allen Menschen, die sich mittels einer künstlerischen Form dem Thema annähern wollen. Wichtig war es, keine Gruppen auszuschließen, zugleich besondere Gruppen zum Mitwirken zu motivieren, z. B. Menschen mit Fluchterfahrung, die in der Universitätsöffentlichkeit eher unterrepräsentiert sind und deren Perspektiven und Erfahrungen sichtbar gemacht werden sollten. Unter anderem wurde hierzu Kontakt zu der Zeitung nid (Neu in Deutschland) – Zeitung über Flucht, Liebe und das Leben, aufgenommen, in der Texte von Menschen mit Fluchterfahrungen veröffentlicht werden. Auch sollten sowohl Studierende als auch wissenschaftlich Tätige angesprochen werden, wie auch Menschen außerhalb der Universität. Hierzu wurden nicht nur viele und vielfältige Kulturund Bildungsvereine und Institutionen angesprochen, sondern versucht, die Beschreibung des Themas möglichst zugänglich zu halten. Der Rahmen der Veranstaltung sollte kein wettbewerbsorientierter sein (daher „ohne slam“, sondern einen Austausch ermöglichen, in dem es um gegenseitiges Verstehen und Zuhören geht.
Der wettbewerbsfreie Austausch, der die bestehenden Diskursformen aktiv um ästhetische Ebenen erweitert, bietet Möglichkeiten, die eigene Perspektive auf die thematisch anvisierten Herausforderungen zu verändern, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen sowie sich gegenseitig anzuerkennen und sich solidarisch zu zeigen. Insgesamt wird somit durch das Format ein Möglichkeitsraum angeboten, durch den wesentliche Bedingungen für strukturelle Veränderungen angeregt werden und entstehen können. Dieses Potenzial stellt eine wertvolle Ergänzung der universitären Lehre dar, richtet sich dabei aber nicht nur an Studierende, sondern an alle Angehörigen der Universität und die Zivilgesellschaft.

1.3 Ziele

Kernziel:
Schaffung eines rassismuskritischen Austauschraums für eine ästhetische Auseinandersetzung mit den Themen Migration, Krieg und Klimakrise innerhalb einer Poetry-Veranstaltung
Weitere Ziele:
Verstetigung der Veranstaltung

1.4 Strukturen und Zuständigkeiten

Die Verteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten erfolgte unter den einzelnen Personen unabhängig der bestimmten Zugehörigkeit zu einer AG oder Organisationseinheit. Koordiniert wurde die Zusammenarbeit hauptsächlich von den AG-Mitgliedern. Wichtige Aufgaben und Verantwortlichkeiten waren dabei:

  1. die Wahl des Themas, des Termins und die Zusammenarbeit
    Die Themenwahl sowie der Termin standen recht früh fest. Für den konkreten Thementitel hat eine Person einen Vorschlag erarbeitet, der dann von allen diskutiert und abschließend angepasst wurde. Auf der ersten Sitzung wurde auch besprochen, wer welche Zeitressourcen einbringen kann und wer bei welchem Aufgabenfeld schwerpunktmäßig mitwirken will.
  2. Ausschreibungstext
    Der Ausschreibungstext ist besonders wichtig, da über ihn Personen dazu angeregt werden sollen, einen Beitrag einzureichen, daher wurde sich für diesen besonders viel Zeit genommen. Auch hier hat eine Person einen Entwurf erarbeitet, der dann von allen anderen kommentiert und diskutiert und abschließend angepasst wurde. Dieser Prozess hat fast einen Monat in Anspruch genommen.
  3. Bewerbungskriterien
    Die Bewerbungskriterien wurden gemeinsam besprochen. Zwei Personen übernahmen die Aufgabe, die entsprechenden Bewerbungsmaterialien zu erstellen sowie zu übersetzen (ins Englische). Da die Bewerbungskriterien einerseits für ein besseres Verständnis möglichst eindeutig formuliert werden sollten und andererseits möglichst offen, um einen Wettbewerbscharakter zu vermeiden, war der Austausch hierüber in der Gruppe wichtig.
  4. Webseite, Flyer, Plakate & Bewerbung
    Um die Veranstaltung ausführlich vorzustellen sowie die Bewerbungsmaterialien bereitzustellen, wurde primär die Webseite der AG genutzt. In anderen Werbemaßnahmen wurde auf diese Seite verlinkt. Zwei Personen übernahmen die Gestaltung der Werbematerialien. Die Bewerbung der Veranstaltung über Social Media, die eigenen Webseiten, die Pressestellen usw. wurde unter allen Beteiligten aufgeteilt. Da die Veranstaltung sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universität beworben wurde, war die Bewerbung besonders zeitintensiv. Zudem wurden viele Kontakte genutzt und aufgesucht, um zur Bewerbung zu motivieren (Emails, Telefonate, Besuche vor Ort).
  5. Betreuung & Kommunikation von und mit den Poet*innen
    Die Sichtung der Texte übernahm hauptsächlich eine Person, die von drei weiteren Personen unterstützt wurde. Wichtig war vor allem, mit den Bewerber*innen in Kontakt zu bleiben und sie bestmöglich zu betreuen. Eine weitere wichtige Aufgabe war die Entscheidung über die Reihenfolge der Beiträge, da dies nicht nur eine thematische Frage ist, sondern auch eine von Repräsentation. Diese Aufgabe haben zwei Personen übernommen. 123
  6. Raumorganisation und Moderation
    Die Raumorganisation wurde, wie bereits erwähnt, vom AStA geleistet. Die Moderation der Veranstaltung übernahmen drei Personen (zwei AG-Mitglieder, eine In TouchMitarbeiter*in).
  7. Dokumentation
    Im Nachgang übernahm hauptsächlich eine Person die Nachberichterstattung der Veranstaltung vor allem über die Webseite sowie die Sammlung von Berichten über den poetry ohne slam in der Presse. Eine Person steht mit dem Medienprojekt Wuppertal in Kontakt, welches eine filmische Dokumentation der Veranstaltung vorbereitet

1.5 Ergebnisse

kurzfristige, zählbare Ergebnisse:
Bei der Veranstaltung wurden insgesamt Beiträge von 12 Personen vorgetragen und es waren ca. 60 Zuschauer*innen anwesend. In drei Zeitungen wurde über die Veranstaltung berichtet.
langfristige, gesellschaftliche Wirkung:
Durch die Form der Auseinandersetzung und den geselligen und offenen Raum der Begegnung wurden Möglichkeiten geschaffen, langfristig Perspektiven zu erweitern und Kontakte zu knüpfen, aus denen auch andere Projekte entstehen können. Uns ist es wichtig, eine Kultur zu etablieren, in der solche und ähnliche Räume des Austausches selbstverständlich sind, wozu die Veranstaltung ihren Beitrag geleistet hat und dies auch weiter tun wird.

1.6 Grad der Verstetigung / festen Einbindung in die Hochschulstruktur

  • Das Projekt poetry ohne slam ist in der Hochschulstruktur nicht fest verankert.
  • Es ist geplant, die Veranstaltung regelmäßig während der Public Climate Schools in den Sommersemestern anzubieten. Sie ist sowohl an der Universität als auch außerhalb der Universität auf große Resonanz gestoßen. Viele Personen waren im Anschluss der Veranstaltung an die Initiator*innen mit dem Anliegen herangetreten, sich bei einer nächsten Veranstaltung mit einem Beitrag beteiligen zu wollen. Zudem haben auch die Initiator*innen Interesse daran, eine weitere Veranstaltung zu organisieren.
  • Es ist geplant, Finanzierungsmittel anzufragen, jedoch nicht, die Veranstaltung fest in der Hochschulstruktur zu verankern, um eine möglichst unkonventionelle Organisation und Initiierung „von unten“ beizubehalten. Eher sollen Akteur*innen außerhalb der Universität für eine Kooperation angefragt werden.

1.7 Partizipationsform und -grad der Studierenden

Von Anfang an waren durch den AStA, das In Touch-Projekt und durch Students for Future Studierende mit in den Prozess eingebunden und hatten die Möglichkeit, sich gleichberechtigt mit einzubringen und letztlich auch selbst Beiträge zu gestalten. Für diejenigen, die kurzfristig von der Veranstaltung erfahren hatten oder spontan motiviert waren, gab es eine Open Stage, die auch von drei Personen genutzt wurde.

2 Umsetzungsstrategie

2.2 Rahmenbedingungen und Faktoren, die zum Erfolg des Good Practice beigetragen haben und / oder die Umsetzung erleichtert bzw. beschleunigt haben

  • Durch die Vielfalt der Kooperierenden konnten die Aufgaben auf viele Schultern verteilt werden und zugleich unterschiedliche Perspektiven Berücksichtigung finden (z. B. von Studierenden). Zugleich hat eine freundliche und konsequente Koordination der Zusammenarbeit dazu beigetragen, dass der Zeitplan eingehalten und regelmäßige Treffen stattgefunden haben.
  • Das Engagement der Beteiligten war dafür ausschlaggebend, dass die aufwendige Veranstaltung in recht kurzer Zeit unter Pandemiebedingungen umgesetzt werden konnte.
  • Die intensive Bewerbung der Veranstaltung war hilfreich, den poetry ohne slam bekannt zu machen.
  • Die Offenheit der „Fragestellung“, die thematische Schwerpunktsetzung sowie die Möglichkeit, sehr verschiedene Beiträge einreichen zu können sowie in unterschiedlichen Sprachen, hat den Eindruck hinterlassen, dass sich trotz knapper Bewerbungszeit doch recht viele Personen (insgesamt neun) beworben haben. Auch hat die direkte Ansprache ausgewählter Vereine und Organisationen dazu beigetragen, dass die Bewerber*innen sehr vielfältig gewesen sind.
  • Es hat sich zudem als wirksam erwiesen, nicht ausschließlich spontane Beiträge zuzulassen, sondern durch ein Bewerbungsverfahren die Möglichkeit zu schaffen, sich mit den Beiträgen der Bewerber*innen ausführlich auseinanderzusetzen, mit den Beitragenden ins Gespräch zu kommen und anschließend sich danach orientierend, die Reihenfolge der Beiträge zu bestimmten.
  • Auch wurde sichtbar, dass es ein großes Interesse gibt, künstlerische Beiträge an der Universität anzuhören, da diese eine andere Art der Auseinandersetzung ermöglichen als z. B. Fachvorträge. Dies haben die Gespräche mit den Besucher*innen während der Veranstaltung gezeigt.

2.3 Probleme und Herausforderungen bei der Umsetzung des Good Practice

  • Eine zentrale Herausforderung war die Frage, wie wir unseren Ansprüchen an Pluralität gerecht werden. Dazu zählte auch die Frage, ob Beiträge in anderen Sprachen angenommen werden. Wir haben uns dafür entschieden und bei der Bewerbung die Poet*innen auf verschiedenen Sprachen angesprochen.
  • Wichtig war in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie mit Übersetzungen umgegangen wird. Hier haben wir auf individuelle Lösungen gesetzt, mit denen die Poet*innen zufrieden sind und durch die den Zuhörer*innen eine Möglichkeit gegeben wird, einen inhaltlichen Zugang zu finden. Ausliegende oder ergänzende Übersetzungen waren dabei denkbar, aber auch eine Zusammenfassung des Inhalts in schriftlicher oder mündlicher Form. Es sind jedoch keine Beiträge in anderen Sprachen eingereicht worden.
  • Zudem war es uns ein Anliegen, die Moderation – auch hinsichtlich der an der Organisation beteiligten Gruppen – divers zu gestalten. Leider konnten wir jedoch keine PoC für die Moderation gewinnen.

2.4 Übertragbarkeit

Ein poetry ohne slam kann und sollte an vielen anderen Hochschulen umgesetzt werden. An ähnliche bestehende Projekte anzuknüpfen (vielleicht in der Germanistik, studentischen Gruppen …) wäre dazu sicher hilfreich. Auch die Kooperation mit außeruniversitären Akteur*innen innerhalb der Stadt, die sich für „poetry“ interessieren, ist empfehlenswert.

3 Erfahrungsberichte

3.1 Erfahrungsberichte

Voraussichtich wird Ende 2022 eine filmische Dokumentation zum poetry ohne slam erscheinen, in er auch O-Töne von Besucher*innen, den Künstler*innen sowie den Initiator*innen zu hören sein werden. Aktuelle Informationen zur Dokumentation sind auf der Webseite der AG zu finden.

3.2 Kurzinterview mit Koordinator*in

Mein bewegendster / schönster Moment mit dem Good Practice:
Die Veranstaltung selbst. Alle Beiträge waren bewegend und in Ihrer „Eigenheit“ besonders und haben zum Denken wie zum Fühlen angeregt.
Nachhaltigkeit ist für mich ein Herzensthema, weil …
sie einerseits die Grundlage unseres Lebens schlechthin ist sowie auch einen Wert für ein gutes Leben für alle darstellt.
Mein Tipp für alle, die ein Nachhaltigkeitsprojekt starten wollen:
Immer viel früher als man annimmt beginnen und falls eine frühe Planung doch nicht klappt: trotzdem machen!
Meine Vision einer nachhaltigen Hochschule 2050:
Eine Hochschule, an der alle studieren können, ohne bestimmte Zeugnisse oder NCs vorlegen zu müssen, denn: nur das Interesse zählt! Es gibt keine Seminare mehr mit 30-50 Teilnehmenden, sondern max. 15 Studierende, weil viel mehr unbefristet Beschäftigte eingestellt sind, vor allem solche, die sich hauptsächlich um Lehre kümmern und hierfür auch speziell ausgebildet werden. Jede Professur wird auf drei Personen aufgeteilt, denn dafür reicht das Geld einer Professur dicke aus und das Teilen von Aufgaben nimmt allen den Arbeitsdruck und gibt Zeit, sich mit Themen ausführlich und intensiv auseinanderzusetzen und zu forschen. Und da es viel mehr Angestellte in Forschung und Lehre gibt, hat jede*r Einzelne auch Zeit, sich neben seiner Haupttätigkeit mit politischen Fragen und Fragen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Im Übrigen sind so gut wie alle Angestellten in Gewerkschaften organisiert. Zudem gibt es mehrere Uni-Kindergärten für die Kinder aller Uni-Angestellten sowie Studierenden. Keiner muss auf einen Kindergartenplatz warten, da man viele Erzieher*innen eingestellt hat, denn der Uni ist klar 126 geworden: Kinderbetreuung ist wichtig, damit genau so viele Frauen* wie Männer auch die hohen Positionen an der Uni besetzen können. Es gibt im Übrigen nur noch 50%-Stellen, denn: Nichts ist so wichtig, wie frei verfügbare Zeit – das hat man Ende der 2010er Jahre endlich erkannt.
Auch Studierende haben viel mehr Zeit, denn die Modulhandbücher wurden endlich entmodularisiert und es wurde bundesweit beschlossen, dass alle Kosten für ein Grundstudium vom Staat übernommen werden. Bildung wird zu einem echten Recht. Endlich folgen, erwachsen aus der Erkenntnis, dass es sich lohnt, in Bildung zu investieren, tatsächliche Konsequenzen. Außerdem gibt es ein Studium generale, dass für alle Studierenden verpflichtend ist, damit sich Studierende in den ersten zwei Semester einen Eindruck davon machen können, was überhaupt alles studiert werden kann und welche Themen an den entsprechenden Universitäten gegenwärtig besonders forschungsrelevant sind. Es gibt auch „Einstiegskurse ins Studieren“, die den Einstieg in das Studium für diejenigen erleichtern, für die die Kultur und die Methoden des Studierens recht neu sind. Jede*r Angestellte an der Universität (auch in Technik und Verwaltung! ) darf einen Teil seiner Arbeitszeit dafür nutzen, Veranstaltungen an der Uni/oder anderen Bildungseinrichtungen zu besuchen, um sich weiter fortzubilden (mehrere Wochen im Jahr). Es hat sich eingestellt, dass auch die Arbeitgeber*innen stark darauf achten, dass ein solcher „Bildungsurlaub“ jährlich wahrgenommen wird. An der Universität wurden zudem sehr viele Häuser saniert und zu Studierendenwohnungen umgebaut, sodass es kaum noch PendlerStudierende mehr gibt.
Sehr viele Tiere finden zudem ein Zuhause an der Universität. Es gibt mehrere Taubenschläge, einen kleinen Universitäts-Bauernhof, es gibt Imker*innen sowie viele Kräutergärten. In der Mensa gibt es nur noch veganes Essen und weil das so lecker ist, ist es seit 2022 bis jetzt (2050) niemandem richtig aufgefallen. Es wird nichts mehr in Plastik verkauft. Außerdem gibt es in jedem Gebäude mehrere Teeküchen mit viel Platz zum gemeinsamen Sitzen und Essen, die von allen genutzt werden können, um sich Getränke oder auch Speisen zuzubereiten. Hier kommt man super gut miteinander ins Gespräch. Außerdem kommt niemand mehr mit dem eigenen Auto zur Uni, einmal, weil keiner mehr ein Auto besitzt und zum anderen, weil man erkannt hat, dass mit dem weiteren Ausbau des ÖPVN das gar nicht nötig ist. Die neuen Universitätspräsidentinnen (es sind 3, die im Team zusammenarbeiten) sind selbstverständlich Klimaforscherin, Ungleichheitund Migrationsforscherinnen.

4 Blick in die Zukunft

Für die Zukunft planen wir:

  • eine jährliche Durchführung im Rahmen der PCS der Students for Future ggf. mit anderem Schwerpunkt
  • die Kooperation mit Externen zu vertiefen (Werbung über Vereine)
  • das Werbepotenzial der Universität voll auszuschöpfen um zielgenau Studis, Verwaltungspersonal und wissenschaftliches Personal zu erreichen
  • eine intensivere Kooperation mit Kulturschaffenden