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Ressourcen / Good Practice

Neue Handlungsspielräume entdecken!

Karlsruher Institut für Technologie

Inhalt

1 Kontext

1.1 Entstehungsgeschichte und Motivation

In Zeiten des Wandels kommt es ganz besonders darauf an, sich aktiv einzubringen, die Ideen, Perspektiven und Werte Anderer zu verstehen und zu respektieren und gemeinsam einen Beitrag für den anstehenden Transformationsprozess von Wirtschaft und Gesellschaft zu erbringen (Scharmer 2015).
Gerade das Studium ist eine Phase, die für die Persönlichkeitsentwicklung bedeutsam ist: persönliche Begegnungen, soziales Lernen, Horizonterweiterung. Die Pandemie-Einschränkungen haben all das auf ein Minimum reduziert. Studierende konnten während der letzten Jahre das Studium eher selten dazu nutzen, um sich gezielt auf die überfachlichen Anforderungen einer sich immer schneller verändernden (Arbeits-)Welt vorzubereiten. Gerade die Entwicklung von Future Skills (Ehlers 2020), wie z.B. Visionsfähigkeit, Neugier, Selbstbewusstsein sowie die Fähigkeit, selbstorganisiert zu handeln, werden aber immer wichtiger.
Vor diesem Hintergrund entstand das Programm Neue Handlungsspielräume entdecken! am Perspektivenlabor des House of Competence (HoC). Es schafft Raum für spannende und horizonterweiternde Begegnungen mit Expertinnen und Experten, die sich in ihrer Arbeitspraxis selbst mit Veränderungsprozessen beschäftigen und mit Studierenden, die Lust haben (gemeinsam) ins Handeln zu kommen.

1.2 Inhalt und Beitrag zu Nachhaltigkeit & Hochschule

Die Veranstaltungen im Programm Neue Handlungsspielräume entdecken! bringen Studierende über ihre Fächergrenzen hinaus in Kontakt mit Akteur:innen des Wandels, um im Austausch auf Augenhöhe das eigene Sichtfeld zu erweitern. Ob Social Entrepreneure, Managerinnen bei Weltkonzernen oder auch Transformationsbegleiter – die Dozierenden kommen aus verschiedenen Arbeitskontexten und bringen ihre unkonventionellen Perspektiven in die Workshops ein.
Ziel ist es, die Studierenden zu ermutigen, ihre Zukunft aktiv zu gestalten und dadurch auch die politischen, ökonomischen und kulturellen Prozesse unserer Gesellschaft zu beeinflussen. Future Skills wie Innovationskompetenz, Kreativität, Gestaltungskompetenz, Selbstwirksamkeit (uvm.) werden durch ein reiches Methodenrepertoire in den Workshops gefördert. Durch Reflexion und Differenzerfahrungen an Lernorten jenseits vom Campus (mitten im Grünen, in Coworking Spaces, Kultureinrichtungen u.a.) geht das Perspektivenlabor mit den Studierenden neue Wege für zukunftsorientierte Lehrformate und öffnet damit neue Denkund Handlungsspielräume.

1.3 Ziele

Kernziele:

  • Innovative Trainings-, Reflexionsund Vernetzungsangebote schaffen, um Studierende beim Entdecken und Fördern ihrer Talente und Stärken zu unterstützen.
  • Nachhaltige Etablierung der Lehrformate über die Projektdauer hinaus als langfristiger Bestandteil des Lehrangebots vom Perspektivenlabor.

Weitere Ziele:

  • Förderung von Selbstvertrauen und Handlungskompetenzen nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie
  • Förderung des Theorie-Praxis-Transfers durch Begegnungen mit Personen aus Unternehmen und der Zivilgesellschaft • Beitrag zu einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung
  • Verbesserung der eigenen Karrierechancen
  • Aufbau eines Netzwerkes unter den Teilnehmenden

1.4 Strukturen und Zuständigkeiten

Jedes Semester werden im Projektteam Themen, Lernorte und Dozierende für das Programm gesucht und ausgewählt. Die Anregungen dazu stammen von Teilnehmenden aus abgeschlossenen Veranstaltungen, von Change Agents oder ergeben sich aus den Lernorten selbst. Über Lehraufträge können die Dozierenden mit ihren Veranstaltungen ins Lehrangebot des Perspektivenlabors aufgenommen werden. Unterstützend wirken verschiedene studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte bei der Kommunikation, Betreuung der Dozierenden, Materialbereitstellung und Evaluation.

1.5 Ergebnisse

kurzfristige, zählbare Ergebnisse:

seit Projektbeginn (SoSe 2022 und WiSe 2022/23):

  • 190 Anmeldungen (B.A., M.A.)
  • 15 Seminartage in 9 verschiedenen Veranstaltungen,
  • 7 Dozierende,
  • 6 inspirierende Lernorte

langfristige, gesellschaftliche Wirkung:

  • Kompetenzentwicklung im Sinne der Future Skills (Ehlers 2020)
  • Empowerment für die von den PandemieEinschränkungen betroffenen Studierenden durch Sensibilisierung für neue Handlungsspielräume
  • Orientierung an Trends und Innovationen in der zukünftigen Arbeitswelt
  • Förderung von Netzwerken mit externen Personen aus Gesellschaft und Wirtschaft sowie Gestalterinnen und Gestaltern der Welt von morgen

1.6 Grad der Verstetigung / festen Einbindung in die Hochschulstruktur

Das Programm ist eingebettet in das Lehrangebot des Perspektivenlabors am House of Competence, dem forschungsbezogenen und interdisziplinären Schlüsselqualifikationszentrum am KIT. Dadurch kann es auch nach dem Ende der Projektlaufzeit fortgeführt werden und etabliert sich zu einem festen Bestandteil der Lehre im Bereich überfachliche Qualifikationen.

1.7 Partizipationsform und -grad der Studierenden

Die Studierenden beteiligen sich aktiv im Rahmen der Veranstaltung durch Gruppenarbeit, Einzelarbeit, Inputund Reflexionssessions und erproben die Workshopinhalte an persönlichen Beispielen. Das fördert gezielt den Theorie-Praxis-Transfer und versetzt sie über den Austausch mit den Dozierenden und Teilnehmenden in die Lage, konkrete Pläne und Lösungsansätze für das eigene Alltagshandeln zu entwerfen und perspektivisch ins Handeln zu kommen.
Die Veranstaltungsevaluation durch die Studierenden ist für die Weiterentwicklung des Projekts ein wichtiger Baustein. Die eigens hierfür angepasste Teaching Analysis Poll (TAP) wird als Evaluationsmethode von Studierenden für Studierende eingesetzt. Sie hilft dabei, den Lernort, das Workshopthema, die Dozierenden sowie die didaktische Umsetzung zu reflektieren. Gleichzeitig dient das Feedback der Studierenden auch dazu, Anregungen für neue Lernorte, Themen und Dozierende zu gewinnen und nach Möglichkeit ins Programm zu überführen.

2 Umsetzungsstrategie

2.1 Meilensteine

2.2 Rahmenbedingungen und Faktoren, die zum Erfolg des Good Practice beigetragen haben und / oder die Umsetzung erleichtert bzw. beschleunigt haben

Ein engagiertes Team aus Projektleitung, Hilfskräften und Kollegen aus dem Perspektivenlabor konnten innerhalb kürzester Zeit Dozierende für das Programm gewinnen, die leidenschaftlich für ihre Perspektive und ihre Arbeitspraxis eintreten und eine intrinsische Motivation mitbringen, Studierenden neue Handlungsspielräume zu zeigen. Außerdem bietet Karlsruhe als Startup-Motor viele verschiedene Lernorte im Stadtbereich, die für die Veranstaltungen als inspirierendes Umfeld dienen und unbürokratisch für das Projekt genutzt werden können. Nicht zuletzt sind es die Studierenden selbst, die das Projekt gelingen lassen, indem sie wertvolles Feedback geben und durch ihre Nachfrage das Programmangebot mitbestimmen.

2.3 Probleme und Herausforderungen bei der Umsetzung des Good Practice

Die Nutzung der Lernorte ist aufgrund der Entwicklung der Corona-Lage und der Wetterverhältnisse einer gewissen Planungsunsicherheit unterworfen.
Es besteht ein erhöhter Koordinationsund Kommunikationsaufwand, für den nur während der Projektlaufzeit zusätzliche Mittel bereitstehen.
Die Anmeldungen hatten gerade im Sommersemester 2022 keine hohe Verbindlichkeit: Beinahe die Hälfte der Veranstaltungen musste kurzfristig abgesagt werden, da die Teilnehmenden nicht erschienen sind (Vermutung: Prioritäten wurden durch Rückstände im Studium während Pandemie-Einschränkungen anders gesetzt). Im Wintersemester 2022/23 wurde daher das Programm reduziert, die Nachfrage stieg jedoch wieder an. Es bleibt zu beobachten, wie sich die Belegungen in den weiteren Semestern entwickelt.
Eine weitere Herausforderung ist, das Programm einerseits dynamisch und experimentell zu halten (stets neue Veranstaltungen anzubieten) und gleichzeitig eine Verlässlichkeit durch wiederkehrende Angebote herzustellen (Veranstaltungen, die von Teilnehmenden an nachfolgende Studierende weiterempfohlen werden).

2.4 Übertragbarkeit

Das Programm könnte auf vergleichbare Einrichtungen übertragen werden, die im Bereich der überfachlichen Qualifikationen Lehrveranstaltungen anbieten. Erste Schritte zum Austausch bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen werden unternommen. Vor allem für die Anschubphase sind Personalaufstockung und Budget für neue Lehraufträge und die Anmietung von Räume unverzichtbar, um eine solide Basis zu schaffen, auf der in nachfolgenden Semestern aufgebaut werden kann.

3 Erfahrungsberichte

3.1 Erfahrungsberichte

„Das offene Unterrichtskonzept ist großartig, es stellt die Studierenden in den Vordergrund. Man merkt richtig, dass die authentische Workshopleitung für das Thema brennt. Sie schafft eine offene Atmosphäre und Diskussionskultur und gibt Raum für verschiedenste Themen.“

Studentin

„Der außergewöhnliche Veranstaltungsort „räume // für natürliches wachstum“ war perfekt. Wir hatten viel Platz, sowohl drinnen in gemütlicher Atmosphäre als auch draußen in der Natur. Wir wurden rundum verpflegt und es gab auch Rückzugsorte für die Selbstreflexion.“

Student

„Die interaktiven Workshops mit abwechslungsreichen Lehrmethoden haben sehr viel Spaß gemacht. Es wurde einem nie langweilig und der offene Austausch in der Gruppe war großartig.“

Studentin

„Mir hat das Kairos13 sehr gut gefallen es hat meine Themen sehr gut ergänzt und untermauert. Durch die unterschiedlichen Qualitäten, die der Raum bietet, konnte ich auch wirklich die unterschiedlichen Settings für die Übungen kreieren. Die Studierenden haben die Atmosphäre und die unterschiedlichen Settings als anregend empfunden (Innenhof, Sofaecke, Liegestühle, Coworking-Tisch, Stuhlkreis …etc.).“

Dozentin

3.2 Kurzinterview mit Koordinator*in

Mein bewegendster / schönster Moment mit dem Good Practice:
Die Selbstwirksamkeit zu erfahren, eine für mich inspirierende Persönlichkeit als Dozentin für das Programm zu gewinnen, die mit dem gleichen Enthusiasmus in ihren Workshop geht, wie ich an die Ideenfindung. Sie hat den Workshop „Reinventing work: Arbeit & Zeit neu denken und gestalten“ in räume // für natürliches wachstum durchgeführt und konnte die Teilnehmenden mit Beispielen aus ihrem persönlichen Arbeitskontext anregen, die eigenen Wertvorstellungen zu reflektieren und sich mit alternativen Arbeitsmodellen auseinanderzusetzen.
Nachhaltigkeit ist für mich ein Herzensthema, weil …
sie mir Zuversicht für eine positive Zukunft gibt! Jede und jeder kann schon an kleinsten Stellschrauben drehen und damit so unglaublich viel bewirken.
Mein Tipp für alle, die ein Nachhaltigkeitsprojekt starten wollen:
Einfach mal machen. Oder um es wie die beste Band der Welt etwas polemisch auszudrücken: Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist – es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.
Meine Vision einer nachhaltigen Hochschule 2050:
Meine Vision ist es, dass Studierende, Dozierende, Forschende, Mitarbeitende einer nachhaltigen Hochschule 2050 ihre Gestaltungskompetenzen als immanenten Bestandteil jedes Lern-, Lehr-, Forschungsund Arbeitssettings verstehen. Sie sorgen für ein kreatives Hochschulumfeld, das es allen Angehörigen ermöglicht, als Change Agents Verantwortung für ein neues Handeln zu übernehmen – ohne Scheu vor dem Scheitern.

4 Blick in die Zukunft

Die konkrete Planung für die weitere Projektlaufzeit: SoSe 2023 und WiSe 2023/24: 150 Teilnehmende (B.A., M.A.) 10 Seminartage, Exkursionen, Aktionstage, weitere Akteur*innen des Wandels für das Projekt gewinnen, weitere unkonventionelle Lernorte bespielen Das Projekt dient bereits als Inspirationsquelle für andere Veranstaltungsangebote des House of Competence, um Perspektivwechsel und Differenzerfahrungen durch das Bespielen außerhochschulischer Lernorte (z.B. Präsentationsworkshops in Tanzschulen) anzuregen. In Bezug auf die Empfehlungen des HochschulBildungs-Reports (Stifterverband 2019), Hochschulen zu Innovationsräumen zu machen, kann die Vernetzung mit lokalen außerhochschulischen Lernorten zu einer echten Bereicherung für innovative Hochschullehre werden. Die Möglichkeiten für die Übertragbarkeit auf andere Hochschulen werden im Austausch mit anderen Schlüsselkompetenzzentren diskutiert.

5 Mehr über das Good Practice erfahren

Das House of Competence (HoC) ist ein forschungsbezogenes und interdisziplinäres Schlüsselqualifikationszentrum (www.hoc.kit. edu) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). In einer Zeit des raschen und tiefgreifenden Wandels fördert das Perspektivenlabor des HoC besonders jene Fähigkeiten, die Handlungsspielräume eröffnen, Blickwinkel schärfen, Zusammenhänge verdeutlichen, Weitblick verschaffen und Zuversicht geben.