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Ressourcen / Good Practice

Nachhaltigkeit in der Mensa

Studentenwerk Oldenburg

Inhalt

Kontext

1983 initiierte der damals neue Geschäftsführer des Studentenwerks, Gerhard Kiehm, eine Umfrage unter Studierenden, um diese besser kennenzulernen. In Bezug auf das Mensa-Angebot wurde deutlich, dass viele sich mehr frische, vollwertige und biologisch angebaute Lebensmittel wünschten. Dies wurde in Form einer eigenen Menülinie („Alternativ-Essen“) in der größten Mensa des Studentenwerks auf dem Oldenburger Uni-Campus am Uhlhornsweg umgesetzt. Zugleich wurde damit beim Studentenwerk das Nachdenken über eine umweltverträgliche Lebensmittelproduktion angestoßen, sodass das Engagement stetig weiterentwickelt und ausgebaut wurde. Das Thema Nachhaltigkeit wurde so über die Jahre als leitendendes Kriterium zu einem festen Bestandteil der Firmenkultur.

Heute gibt es das „Alternativ-Essen“ nicht mehr als eigene Menülinie, sondern das gesamte Angebot in allen Mensen und Zwischenverpflegungseinrichtungen folgt dem Anspruch, möglichst nachhaltig produziert zu werden. Das Studentenwerk Oldenburg betreut die rund 26.000 Stu- dierenden an der Universität Oldenburg, der Jade Hochschu- le Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth und der Hochschule Emden/Leer. In den sechs Mensen des Studentenwerks Oldenburg werden täglich bis zu 7.000 Essen ausgegeben, hinzu kommt das Angebot der sechs Cafeterien.

Ziele

Die hochschulgastronomischen Einrichtungen des Studentenwerks sollen möglichst nachhaltig betrieben werden. Ein Ziel im Sinne eines angestrebten festen Status kann es dabei nicht geben, da es sich um einen fortlaufenden Prozess handelt, der nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt als abgeschlossen betrachtet werden kann. Vielmehr sucht das Studentenwerk kontinuierlich nach neuen Wegen, um die Nachhaltigkeit seines Handelns zu erhöhen.

Strukturen und Inhalte

Die wichtigsten Bestandteile des Nachhaltigkeitskonzepts sind im Folgenden aufgeführt:

Bio-Lebensmittel und Bio-Zertifizierung

Seit dem Jahr 2004 trägt das Studentenwerk Oldenburg das staatliche Bio-Siegel. Die Einhaltung der entsprechenden Richtlinien kontrolliert und zertifiziert die Gesellschaft für Ressourcenschutz, Göttingen. Aktuell bezieht das Studentenwerk, gemessen am Wareneinsatz, knapp ein Drittel seiner Lebensmittel aus biologischer Produktion. Neben Gemüse, Salat und Getreide sind dies auch tierische Produkte: Milch, Joghurt, Sahne usw. kommen zu 100% aus biologischer Produktion, bei Käse sind es 45%.

Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, Fisch aus nachhaltiger Fischerei

Rind- und Schweinefleisch bezieht das Studentenwerk seit 1997 ausschließlich aus artgerechter Tierhaltung, von der Wurst auf dem Brötchen bis hin zu Schnitzel und Gulasch. Beim Geflügel ist es derzeit nicht möglich, die benötigten Mengen allein aus artgerechter Tierhaltung zu beziehen, sodass der Anteil in diesem Bereich bei etwa einem Fünftel liegt. Das Studentenwerk arbeitet in enger Abstimmung mit den Erzeuger_innen daran, diesen Anteil kontinuierlich auszubauen.

Auch beim Fisch wird das Studentenwerk seiner Verantwortung gerecht: Seit 2007 wird ausschließlich Fisch aus nachhaltiger Fischerei angeboten, das heißt aus nicht gefährdeten Beständen, sowie ausgewählte Sorten aus Öko-Aquakulturen.

Da die Produktion tierischer Produkte insgesamt die Umwelt eher stärker belastet, bieten die hochschulgastronomischen Einrichtungen des Studentenwerks auch ein breites vegetarisches und veganes Angebot.

Saisonalität und Regionalität

So weit wie möglich werden in den Mensen und Cafeterien saisonale Produkte aus der Region verarbeitet. Die Zusammenarbeit mit Lieferant_innen aus der Region nicht nur im Bio-Bereich bedeutet nachhaltiges Handeln in gleich mehrfacher Hinsicht: Durch die Verarbeitung saisonaler Produkte wird die energieintensive Produktion im Gewächshaus vermieden und kurze Transportwege schonen das Klima. Zudem werden die mittelständische Wirtschaft und der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region unterstützt.

Verzicht auf Gentechnik

Alle Lieferant_innen müssen gegenüber dem Studentenwerk schriftlich nachweisen, dass in ihren Produkten keine kennzeichnungspflichtigen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) enthalten sind. Die Einhaltung dieser Zusicherung überprüft das Studentenwerk regelmäßig in Stichproben.

Fairer Handel

Produkte, die nicht in unseren Breiten hergestellt werden können, sondern vorwiegend aus dem globalen Süden importiert werden, bergen das Risiko einer Ausbeutung der Produzent_innen. Beim Kaffee, der im studentischen Alltag eine Schlüsselrolle spielt, setzt das Studentenwerk bereits seit Mitte der 1980er Jahre konsequent auf Fair-Trade-Produkte. Im Laufe der Zeit hat sich das Fair-Trade-Angebot deutlich ausgeweitet, hinzugekommen sind etwa Schokolade und andere Süßigkeiten.

Restevermeidung

Die Überproduktion von Speisen, die anschließend in den Müll geworfen werden müssen, ist in vielen Großküchen ein Problem. Das Studentenwerk steuert hier durch verschiedene Maßnahmen gegen. So wurde in allen Mensen das Angebot auf Komponenten umgestellt, aus denen sich die Gäste ihr Mittagessen je nach Geschmack und Hunger zusammenstellen können (Hauptgerichte wie Fleisch, Nudeln oder Aufläufe; Suppen; Salate; Gemüse; Stärkebeilagen; Desserts).

Darüber hinaus erfolgt die Speiseproduktion grundsätzlich in kleinen Schritten, sodass abhängig von der tagesaktuellen Nachfrage die Speisen erst kurz vor dem Verzehr hergestellt werden. So wird gewährleistet, dass nur wenige Portionen die Küche in Richtung Ausgabetresen verlassen und somit nicht mehr anderweitig verwertet werden dürfen. Lebensmittel, die trotz genauer Planung an einem Tag nicht mehr verbraucht werden, können so am Folgetag zubereitet und angeboten werden; kurzfristige Änderungen des Speiseplans sind dafür möglich.

Ergebnisse

In den sechs Mensen des Studentenwerks werden täglich zusammengenommen bis zu 7.000 Hauptmahlzeiten ausgegeben, hinzu kommt der gesamte Bereich der Zwischenverpflegung. In dieser Größenordnung setzt das Studentenwerk also auch ein Zeichen und gibt Impulse für die Entwicklung etwa der biologischen Landwirtschaft in der Region. Jährlich werden derzeit beispielsweise über 60 Tonnen Bio-Kartoffeln, knapp 29 Tonnen Fleisch und mehr als 70.000 Eier aus artgerechter Tierhaltung und 6,3 Tonnen Bio-Kaffee aus fairem Handel verarbeitet.
Als Kennzeichen für den Erfolg der Nachhaltigkeitsstrategie kann auch gewertet werden, dass das Studentenwerk Oldenburg im Frühjahr 2016 mit dem „INTERNORGA Zukunftspreis“ ausgezeichnet wurde, der als einer der wichtigsten Preise in der Gastronomie nachhaltiges Handeln würdigt.

Implementierungsstrategie

Folgende Punkte stellen die wichtigsten Meilensteine im Rahmen der Implementierung des Nachhaltigkeitskonzepts dar:

Folgende Herausforderungen entstanden während der Implementierung:

  • Größte und zugleich dauerhafte Herausforderung ist, eine hohe Qualität und ökologische/artgerechte Produktion zu einem Preis anbieten zu können, der zum Budget der studentischen Zielgruppe passt.
  • In den ersten Jahren der Umstellung auf biologisch erzeugte Lebensmittel bzw. Produkte aus artgerechter Tierhaltung war es sehr schwierig, die benötigten Mengen zu beziehen. Der Schlüssel zur Lösung war hier die langfristige Zusammenarbeit mit Bio-Betrieben in der Region, die mit dem Studentenwerk als verlässlichem Partner ihre Produktion ausbauen konnten. Heute besteht in Bezug auf die Lieferbarkeit nach wie vor ein Defizit beim Geflügel, hier ist das Angebot aus artgerechter Tierhaltung aktuell nicht ausreichend.

Erfahrungsbericht

Die Leiterin der Abteilung Hochschulgastronomie, Doris Senf, engagiert sich seit Jahren im bundesweiten Netzwerk „Bio-Mentoren“ und gibt in diesem Rahmen die Best-Practices aus dem Studentenwerk Oldenburg an andere Unternehmen weiter.

Die in den Mensen ausgehängten „Meckerrollen“ werden von den Gästen fleißig genutzt, um Kritik und Lob an die Küchenleitung zu kommunizieren.

Kernprinzipien

  • Alle Beteiligten im Studentenwerk ziehen an einem Strang: von der Geschäftsführung über die Abteilungs- leitung und Leiter_innen der einzelnen Mensen bis hin zu den Mitarbeiter_innen
  • Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Lieferant_innen, insb. regionalen Bio-Lieferant_innen
  • Fortlaufende Information der Mensa-Gäste über nachhaltiges Handeln (Webseite, Social Media, monatlich erscheinendes Info-Magazin, Aktionstage bzw. -stände, Info-Wände in den Mensen; Küchenführungen mindestens einmal pro Semester in jeder Mensa)
  • Nachhaltigkeit darf kein Selbstzweck sein, sondern geht Hand in Hand mit höchsten Ansprüchen an Frische und Qualität der Lebensmittel sowie Geschmack der zubereiteten Speisen