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Ressourcen / Good Practice

Dusch- & Umkleidemöglichkeitenfür Radpendler*innen

Universität Hohenheim

Inhalt

Kontext

Die Universität Hohenheim ist eine Campus-Universität im Süden Stuttgarts, rund zehn Kilometer vom Stadtzentrum der Landeshauptstadt entfernt. Die Lage bedingt, dass Beschäftigte sowie Studierende das Thema Mobilität seit Jahren in unterschiedlichen Kontexten – Emissionen, Erreichbarkeit, Verkehrssicherheit – diskutieren.

2015 wurde ein Beratungsunternehmen beauftragt, basierend auf einer Bestandsaufnahme und Mängelanalyse sowie eigener Beobachtungen auf dem Campus, Empfehlungen für eine verbesserte Erreichbarkeit des Campus und sicherere Bewegungsmöglichkeiten auf dem Gelände abzuleiten. Die Befragung verdeutlichte, dass der auf dem Campus fließende und ruhende Kfz-Verkehr dominierte (hohe Fahrgeschwindigkeiten, Parksuchverkehre, gebotswidriges Parken). Rund 40 % der Befragten nutzten den motorisierten Individualverkehr (MIV) für die Fahrt zum Campus. Rund 30 % nutzten den ÖPNV. Der Radverkehrsanteil lag bei 17 % (Sommer) bzw. 11 % (Winter). Darüber kam heraus, dass die Erschließung des Campus mit dem ÖPNV Defizite aufweist – Notwendigkeit des Umstiegs bei der Fahrt aus Richtung Stuttgart, unzureichende Anbindung des östlichen Campus-Bereichs. Außerdem fehlten zentrale Radabstellmöglichkeiten, die schmalen Gehwege waren mit vielfachen Barrieren und Hindernissen versehen und es bestanden unterschiedliche Nutzungskonflikte.

Auf Grundlage dieser umfassenden Bedarfsanalyse und den daraus abgeleiteten Leitzielen hat die Universität zusammen mit dem Landesbetrieb für Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VBV), der Stadt Stuttgart, der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und studentischen Vertreter*innen ein Mobilitätskonzept erarbeitet, das je nach baulichem Aufwand und Dringlichkeit in kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen unterteilt ist. Dieses Mobilitätskonzept ist Bestandteil des Hohenheimer Masterplans 2030, den der Universitätsrat einstimmig beschlossen hat und den der Gemeinderat verabschiedet hat.

Das Mobilitätskonzept umfasst folgende fünf Handlungsfelder:

  • Übergreifende Maßnahmen
  • ÖPNV
  • PKW
  • Fahrrad
  • Dienstweg- und Campusentwicklung

Jedes Handlungsfeld umfasst kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen, die wir seit Oktober 2018 bearbeiten und teilweise bereits umgesetzt haben. Ein wichtiges Handlungsfeld ist die Förderung des Radverkehrs, wozu auch Dusch- und Umkleidemöglichkeiten gehören.

Ziele

  • Steigerung der Attraktivität der Radnutzung
  • Erhöhung Radverkehrsanteil am Modal Split
  • Steigerung der Attraktivität des Standorts, sowohl für Beschäftigte als auch für Studierende

Beitrag nachhaltige Mobilität

Universitätsangehörige sollen nach der mit dem Rad absolvierten Fahrt zur Uni die Möglichkeit haben zu duschen. Das kommt vor allem Radnutzer*innen in der warmen Jahreszeit zugute, die einen längeren oder topografisch anspruchsvollen Anfahrtsweg haben. Das Fehlen einer adäquaten Möglichkeit zum Frischmachen ist für viele ein Grund, trotz des grundsätzlich vorhandenen Willens nicht mit dem Rad zur Uni zu fahren.

Deshalb sind nun vorhandene Dusch- und Umkleidemöglichkeiten, die bislang exklusiv einzelnen Einrichtungen zustanden, für alle Radpendler*innen der Universität zugänglich. Damit soll letztlich der Anteil der Radfahrer*innen unter den Pendler*innen steigen.

Ein Ziel des Angebots bestand darin, Duschangebote möglichst dezentral und über den Campus verteilt zu schaffen. Die Wege zur Dusche von unterschiedlichen Punkten des Campus aus sollten möglichst kurz sein.

Aufbau und Inhalt

Die Initiative lag maßgeblich im Bereich der Verwaltungsabteilung Fläche und Bau (Mobilitätsmanager, Liegenschaftsmanagement). Durch die guten Kontakte zu den einzelnen Leiter*innen der verschiedenen Universitätseinrichtungen haben wir formale Hürden überwunden und das Reinigungs- und Servicekonzept angepasst.

Ergebnisse

Seit dem Wintersemester 2019 sind dezentral über den gesamten Campus verteilt 47 Duschen an fünf Standorten verfügbar. Aussagekräftige Erfahrungswerte über die Nutzung liegen noch nicht vor. Erste Rückmeldungen waren jedoch sehr positiv.

Duschen erhöhen, so die grundsätzliche Überlegung, den Radverkehrsanteil unter den Universitäts-Angehörigen. Das führt wiederum zu einer erhöhten Präsenz des Themas Fahrrad im Uni-Kontext.

Ein Verzeichnis der Einrichtungen auf einer Campus-Übersichtskarte wird gerade vorbereitet. Das kann die Nutzung weiter fördern

Verstetigung

Eine Institutionalisierung ist dadurch gegeben, dass es sich um nun freigegebene Duschanlagen in den Gebäuden des Campus, hauptsächlich der Institute und des Unisports handelt.

Die Klärung der Finanzierung sowie der Organisation des zusätzlichen Reinigungs- und Instandhaltungsbedarfs war für die Zustimmung der einzelnen Institutsleiter*innen zur Öffnung der Duschen entscheidend.

Studentische Partizipation

Hauptsächlich Studierende nahmen an einer Abstimmung teil (74 %), die das Interesse an universitären Duschmöglichkeiten abfragte. Ergebnis: 120 dafür, 25 dagegen. Bei der Umsetzung der Maßnahme waren Studierende nicht eingebunden. Die Universitätsverwaltung hat die Freigabe der Duschen direkt mit Institutsleiter*innen, dem Campus Service sowie der Universitätsleitung verhandelt.

Umsetzung

Einblicke

Zitate aus Kommentarbereichen des Hohenheimer OnlineKuriers, dem internen Online-Nachrichtenportal der Universität:

Das ist ja genial!!! … das ist/war sicherlich bei vielen ein Grund, nicht mit dem Radl zu fahren.

Super! Schon seit Langem habe ich mir so etwas gewünscht.

Das finde ich grandios, vielen Dank an alle Beteiligten für ihren Einsatz!

Tatsächlich hatte mich das davon abgehalten, mit dem Fahrrad nach HOH aus der Stadt zu fahren, weil man eben bis Degerloch nassgeschwitzt ist! (…) TOP an AFB [Abteilung Fläche und Bau], Kanzlerin, Institute, whoever und sowieso alle, die das möglich machen.

Auszüge aus einem ausführlichen Erfahrungsbericht eines Beschäftigten zu einer Pedelec-Testaktion und den neuen Duschmöglichkeiten:

Ich habe bereits seit Längerem mit dem Gedanken gespielt, mit dem Fahrrad den Weg zur Uni zu absolvieren. Dieser beträgt bei mir (…) ca. 23km, die Fahrtzeit mit dem Pkw inkl. täglichem Stau (…) ca. 50min. Hintergrund für meine Gedankenspiele ist (…) die fehlende Zeit für regelmäßige sportliche Aktivität (…). Zwei Gründe haben mich bisher aber von einem Pendeln mit dem Fahrrad abgehalten: erstens die Topographie (eine Steigung von 10 bis 18 % zwischen Hedelfingen und Krankenhaus Ruit über fast 2 km) und zweitens eine fehlende Dusche zu Beginn des Arbeitstages. (…). Mit den nun bereit gestellten Duschmöglichkeiten löst sich auch das zweite Problem bei der Fahrradanfahrt. Bislang habe ich mir mit Waschlappen und Seife auf den Toiletten notdürftig beholfen (…).“

Zukunftsideen

  • Dusch- und Umkleideangebot ausweiten, indem noch nicht öffentlich zugängliche Anlagen nutzbar werden
  • Ergänzend stehen auch Wasch- und Trockenräume ganz oben auf der Wunschliste der Ganzjahresradpendler*innen

Bisherige Erfolge

  • 47 Duschen dezentral über den gesamten Campus an fünf Standorten für alle Angehörigen der Universität
  • sehr positive Resonanz auf unser Vorhaben