Tagung „Nachhaltige Hochschule. Auf dem Weg zu einer transformativen Wissenschaft?“
30. November 2018 · Leonie Liekefett
Den Wandel an Hochschulen in Mitteldeutschland im Blick
Vom 9. bis 11. November 2018 gestalteten wir in der Lutherstadt Wittenberg aktiv eine Tagung zur nachhaltigen Hochschultransformation mit. Eingeladen wurden wir von der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, deren Studienleiter für den Bereich Umwelt und Soziales, Jörg Göpfert, sich mit Engagement und Leidenschaft des Themas angenommen hat, um den Stand der nachhaltigen Hochschulentwicklung in Deutschland und spezifisch insbesondere im mitteldeutschen Raum zu erfassen und möglichst konkrete Veränderungsimpulse zu setzen. Für dieses Anliegen waren die Kooperationspartner natürlich prädestiniert: Neben unserem netzwerk n waren es die uns gut bekannte studentische Initiative nachhalltig, die Studentische Förderinitiative der Naturwissenschaften der Martin-Luther-Uni Halle-Wittenberg und RENN.mitte.
Eine kleine, engagierte und teils heterogene Gruppe an Teilnehmer_innen besuchte die Tagung. Neben Studierenden v.a. aus Halle, Leipzig und Eberswalde waren auch wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter_innen u.a. der Universitäten Lüneburg, Erfurt, Magdeburg, Dresden und München, eine Vertreter_in des BMBF-Projektträgers VDI sowie interessierte Bürger_innen verschiedenen Alters aus der näheren Umgebung dabei. Ein großer Mehrwert der Tagung waren die vielfältigen Perspektiven der eingeladenen Referent_innen, die zumeist auch einen Großteil der Tagung vor Ort blieben und sich unter die mit knapp 20 Teilnehmer_innen überschaubare Tagungsgruppe mischten. Sicherlich hätten wir uns eine größere Resonanz für das Thema nachhaltige Hochschulentwicklung gewünscht und mehr Teilnehmer_innen der zahlreichen Hochschulen Mitteldeutschlands wären wünschenswert gewesen, aber so freuten wir uns über den konkreten, persönlichen und detaillierten Austausch.
Den Start bildete am Freitagabend der Eröffnungsvortrag von Professor Gerd Michelsen von der Universität Lüneburg zum aktuellen Stand der Wissenschaft für Nachhaltigkeit. Michael vom Projektteam des netzwerk n, Josef aus dem aktuellen Vorstand und Johannes als langjähriges Vorstands- und Projektteam-Mitglied speisten unsere Perspektiven ein und gestalteten das Tagungsprogramm maßgeblich mit. Nicht zu vergessen ist natürlich auch Fred, netzwerk n-Mitglied und ehemaliger Wandercoach, der sich als Engagierter von nachhalltig und Mitinitiator der Tagung durch Moderation und methodische Gestaltung einzelner Slots einbrachte. Johannes präsentierte in einem Vortrag mit methodisch aktivierenden Elementen Ansätze, Beispiele und Strategien für die Transformation der Hochschulen, wobei er insbesondere eine übergreifende Perspektive einnahm und die nationale Ebene thematisierte. Josef setzte in seinem Impuls-Vortrag einen Akzent auf unser Positions- und Forderungspapier “Nachhaltigkeit und Ethik an Hochschulen” und bereitete ein Workshop-Phase vor, die er mit Johannes und Michael am Samstagnachmittag gemeinsam durchführte. Themen der drei Arbeitsgruppen waren 1) die Vernetzungs- und Kooperationsstruktur in Mitteldeutschland, womit möglichst konkret über den Aufbau eines mitteldeutschen Nachhaltigkeitsnetzwerk nachgedacht wurde und bereits erste nächste Arbeitsschritte vereinbart werden konnten, 2) Good Practice-Beispiele aus unserer Sammlung, die im Sommer in der 2., deutlich erweiterten Auflage erschienen ist, und 3) die Vision einer nachhaltigen Hochschule der Zukunft. In der den Samstag abschließenden und von Michael moderierten Fishbowl-Diskussion wurde besonders die Frage der Netzwerkbildung und Umsetzungsstrategien für nachhaltige Hochschulen thematisiert und diskutiert. Eine besonders spannende Perspektive brachte Ivo Frankenreiter in einem Vortrag am Samstagabend ein, der aktuell bei Professor Markus Vogt am Lehrstuhl für christliche Sozialethik promoviert. Er ging näher auf die historischen und aktuellen Entwicklungen des Umweltthemas in der katholischen und evangelischen Kirche und die damit zusammenhängenden Bezüge zur Wissenschaft ein.
Den Abschluss der Konferenz bildete eine Podiumsdiskussion am Sonntagvormittag zur Frage “Nachhaltige Wissenschaft – Leitbild (auch) für Wissenschaft und Forschungspolitik?”. Auf dem Podium saßen MdB Dr. Karamba Diaby (SPD), die stellvertretende Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz Brigitte Göbbels-Dreyling, Dr. Michael Lehmann vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, Svetlana Thaller-Honold vom VDI Technologiezentrum sowie unser Vorstandsmitglied Josef. Dabei zeigte sich, dass zwar bereits einige vielversprechende Leuchtturmprojekte im Nachhaltigkeitsfeld an deutschen Hochschulen entstanden sind, doch der Weg in die Breite der Hochschullandschaft noch weit ist. Die entscheidende Frage war dabei, durch welche Instrumente eine Breitenwirkung erzielt werden kann. Die Vorschläge waren dabei vielfältig und setzten zum einen konkret an der Eigenverantwortlichkeit der jeweiligen Hochschule aber auch bei der von der Landes- und Bundespolitik nötigen Unterstützung an. Relative Einigkeit herrschte darüber, dass BNE an Hochschulen deutlich gestärkt werden muss und es dafür auch eines größeren thematischen Freiraums in den Curricula der Studiengänge bedarf, beispielsweise durch die Schaffung von Studium-Generale-Modulen. Unser Vorstandsmitglied Josef hob noch einmal hervor, dass eine breitere finanzielle Unterstützung der Hochschulen seitens der Politik zur Etablierung von Projekten und Strukturen für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitstransformation unerlässlich sind. Sollte das Kooperationsverbot im Hochschulbereich fallen bzw. abgeschwächt werden, so könnte sich natürlich auch der Bund wesentlich stärker beteiligen. In jedem Fall sollten zusätzliche Budgets verschiedene Bereiche in den Fokus nehmen. Zum einen braucht es für die jeweilige Hochschule Mittel, die explizit zum Zwecke der Nachhaltigkeitstransformation bereitgestellt werden. Zum anderen ist aber auch eine Finanzierung von Austauschstrukturen und -netzwerken zwischen den Hochschulen nötig, sodass das kooperative voneinander Lernen gestärkt wird und innovative Ansätze (weiter-)entwickelt werden können.
Auch wenn die Teilnehmendenzahl unter den Erwartungen zurückblieb, war die Tagung für uns ein voller Erfolg, da viele spannende Ideen ausgetauscht und weitergedacht werden konnten. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Kooperationspartnern für die Unterstützung und insbesondere bei der Evangelischen Akadamie und nachhalltig für die Hauptorganisation der Tagung!
Bericht Michael Flohr und Josef Kaiser