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Ins Handeln kommen und tradierte Regulären überwinden

perspektive n an der Beuth Hochschule für Technik Berlin

Am 24. Oktober startete unsere kleine perspektive n-Tour des Wintersemesters; klein, weil Ende Oktober unser BMBF-finanziertes Projekt “Zukunftsfähige Hochschulen gestalten” beendet sein wird und wir erst Anfang 2019 wieder richtig durchstarten können. Auf Einladung des Rates für Zukunftsweisende Entwicklung (RZE), einer studentischen Initiative der Beuth Hochschule für Technik (BHT), waren wir im Rahmen der kritischen Orientierungswochen mit unserer Reihe in Berlin-Wedding zu Gast, um über die nachhaltige Entwicklung der BHT zu diskutieren und die verschiedenen Statusgruppen enger ins Gespräch zu bringen.

In der unmittelbaren Vorbereitung auf die Veranstaltung wurden wir mit dem Problem der (Über-)Regulierung konfrontiert, was als Leitmotiv immer wieder während der Diskussion auftauchte. Der Raumplan erlaubte schlicht unsere übliche Bestuhlung im Fishbowl nicht, weswegen wir zwangsläufig auf den kaum einen wirklichen Austausch aktivierenden Aufbau mit erhöhtem Podest und gegenüberstehenden parallel angeordneten Stuhlreihen vorlieb nehmen mussten. Die Macht des Raumes bzw. die räumliche Gestaltung von Diskussionen hat unserer Ansicht nach einen erheblichen Einfluss auf einen gelingenden Austausch. Glücklicherweise beteiligten sich die Anwesenden dennoch rege an der Diskussion – einen herzlichen Dank für diese wertvollen Beiträge und Fragen. Gewiss sind Regeln unabdingbar, um ein Gemeinwesen zu organisieren, doch übertragen auf die prozess- und veränderungseinschränkenden Vorschriften, die Prof. Dr. Hans Gerber, 1. Vizepräsident der BHT, als Hemmnis einer nachhaltigen Hochschulentwicklung ins Gespräch einbrachte, ist grundsätzlich zu fragen: Inwiefern liegen tradierten Regularien überkommene Denkmuster zugrunde, wodurch Transformation, das Neue und Experimentierräume mitunter schon im Keimen erstickt werden? Und welche Handlungoptionen bestehen? Antwortend auf letztere Frage geht es genau um das Handeln, das Machen. Denn pragmatische Ansätze, die dank des Austauschs und der Kooperation zwischen Vertreter_innen aller Statusgruppen entstehen, stoßen erhebliche Veränderungen an, trotz bestehender Regularien; Beispiele des Gelingens, wie sie in unserer Good-Practice-Sammlung zu finden sind, zeigen zudem, wohin die Reise gehen kann. Letztendlich bewahrheitet sich erfahrungsgemäß zumeist die vermeintliche Plattitüde: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

Inhaltlich widmete sich die perspektive n an der BHT den Themenblöcken Lehre und Governance/Engagement stärken. Im Bereich Lehre wurde deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit breit in den Curricula der Studiengänge verankert ist, und die Praxisorientierung eine Stärke der Hochschule ist. Dennoch wurde auf das Potenzial hingewiesen, die einzelnen Fächer interdisziplinär besser zu verknüpfen und das voneinander Lernen zu stärken. Johannes wies in diesem Zusammenhang auch auf die Konzepte der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) hin, wonach neben dem Inhalt die Didaktik das Kriterium für gute Bildungsarbeit ist und wonach neben Systemwissen ebenso Ziel-, Erfahrungs- und Transformationswissen Gegenstand von Lehre und Lernen sein sollten.

Im Governance-Teil stellten wir das Green Office-Modell zur Diskussion, mit dem sich der RZE schon seit einiger Zeit auseinandersetzt. Aufbauend auf der Kritik des RZE und von Selina Wittemer, dass der Austausch zwischen den akademischen Gremien und den Statusgruppen nicht zufriedenstellend funktioniere und man sich einfach nicht kenne, bietet das Green Office-Modell das Potenzial, die Sichtbarkeit von, den Informationsfluss zu und die Verantwortlichkeit für nachhaltige Entwicklung sowie die Transparenz von Entscheidungsprozessen deutlich zu erhöhen und zugleich als Katalysator das studentische Engagement für die eigene Hochschule zu aktivieren. Die Resonanz im Saal war positiv gegenüber diesem Vorschlag und auch Steffen Prowe, Hans Gerber und Selinar Wittemer zeigten sich offen für eine solche Struktur, wobei zu diskutieren sei, wie ein Nachhaltigkeitsbüro im Detail an der BHT aussehen könnte und wie verhindert werden kann, dass damit Nachhaltigkeit als Thema auf eine Stelle ausgelagert wird, sodass andere ihre Verantwortung nicht mehr wahrnehmen würden.

In der Abschlussrunde betonten Paul Jerchel und Timm Wille vom RZE, dass sie sich für eine Koordinationsstelle und einen Runden Tisch für nachhaltige Entwicklung einsetzen würden und studentische Ideen in der Lehre berücksichtigt werden sollten. Hans Gerber zeigte sich insgesamt für eine nachhaltigere Hochschulentwicklung offen und war erfreut von den neuen Ideen, die im Verlauf der Diskussion aufkamen, machte jedoch deutlich, dass ein “hohes Maß an Frustrationstoleranz” und ein langer Atem notwendig seien, wenn man Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten möchte. Selina Wittemer wies in ihrem abschließenden Statement darauf hin, dass die baldigen Wahlen für den AStA wichtig seien, sie Studierende zum Wählen motivieren möchte und insgesamt mehr Menschen in die vielfältigen Entscheidungsprozesse an der Hochschule einbezogen werden sollten. Steffen Prowe wird sich dafür einsetzen, dass sein Fachbereich studentische Initiativen stärker unterstützt, und zeigte sich sehr offen, den aufgenommenen Gesprächsfaden weiter zu entwickeln; insbesondere hob er hervor, wie wichtig Bottom-up-Initiativen wie der RZE für die Hochschule seien.

Diskutanten und Diskutantinnen:

  • Prof. Dr. Hans Gerber, 1.Vizepräsident Beuth Hochschule für Technik Berlin
  • Prof. Dr. Steffen Prowe, Dekan Fachbereich Life Sciences and Technologie, Professur für Mikrobiologie
  • Selina Wittemer, 2. AStA-Vorsitzende, AStA-Referat “Liebe und Frieden”
  • Johannes Geibel, wissenschaftlicher Referent für Innovations- und Technologiepolitik Büro Dr. Anna Christmann (MdB), Mitglied beirat n
  • … und alle Anwesenden

Moderation: Dr. Michael Flohr, netzwerk n e.V.