Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung? Ausgang ungewiss
12. April 2019 · Leonie Liekefett
Vorstellung des WBGU-Gutachtens “Unsere gemeinsame digitale Zukunft” in Berlin
Am 11. April veröffentlichte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) sein neues Gutachten “Unsere gemeinsame digitale Zukunft”, das die erst seit kurzer Zeit langsam zusammengedachten Themenbereiche und Communities Nachhaltigkeit und Digitalisierung verknüpft. Die sprachliche Verwandtschaft des Titels zu dem des Brundtland-Berichts, der 1987 die bis heute rege zitierte Standarddefinition von nachhaltiger Entwicklung formulierte, ist bewusst gewählt. In der Presseerklärung zum Gutachten heißt es, dass die “Digitalisierung in den Dienst nachhaltiger Entwicklung [zu] stellen” ist und “dass Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte im Zeitalter der Digitalisierung grundlegend weiterentwickelt werden müssen.”
Am Abend des 11. Aprils luden der WBGU und die KfW Bankengruppe in die noblen Gemäuer der KfW nach Berlin Mitte ein. Julian, Michael und Tillman waren für unser netzwerk n dabei und lauschten in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal mit Vertreter_innen der sogenannten interessierten Öffentlichkeit zuerst einer bündigen Zusammenfassung des Gutachtens von Prof. Dr. Dirk Messner, dem Vorsitzenden des WBGU, auf den anschließend Bundesumweltministerin Svenja Schulze mit ihren unterstützenden Gedanken und Kommentaren zum Gutachten folgte. Messner betonte, „es gibt keinen Automatismus zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeitstransformation“, und problematisierte, dass “die Communities der Nachhaltigkeitsforschung und der Digitalisierungsforschung […] bisher nicht verknüpft” sind und dass „in den 17 Nachhaltigkeitszielen [der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, MF] […] Digitalisierung kaum vor[kommt]“. Tatsächlich fällt auf, dass erst langsam seit ein bis zwei Jahren öffentliche Diskurse zur Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit wahrnehmbar sind. Die Nachhaltigkeitscommunity hat diesen stark kommerziell getriebenen Megatrend zuvor eindeutig verschlafen. Wir vom netzwerk n versuchen insbesondere durch unsere Mitgliedschaft in der studentischen Arbeitsgruppe des Hochschulforums Digitalisierung und durch unsere Online-Plattform die Chancen der Digitalisierung im Sinne der nachhaltigen Entwicklung für Hochschulen mitzugestalten. Die Bedeutung dieses Nexus wird für uns und hoffentlich auch politisch durch Förderkonzepte und gesetzliche Rahmungen weiter zunehmen (müssen).
Resümierend war die Veranstaltung durch politische Kommunikationsformen geprägt, auch wenn Svenja Schulze ihren politischen Willen zugunsten einer stärkeren Nachhaltigkeitsorientierung der Bundesregierung deutlich machte. Gleichwohl steht sie in der Argumentation mit ihren – euphemistisch formuliert – andere Prioritäten setzenden Kolleg_innen (siehe die Minister_innen Scheuer und Klöckner) zu häufig noch allein auf weiter Flur. Der WBGU wird sie aktiv unterstützen und die Demonstrationen im Rahmen von Fridays for Future werden den politischen Druck weiter erhöhen.
Ein Blick in das Gutachten lohnt in jedem Fall: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/unsere-gemeinsame-digitale-zukunft