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Wandercoachingschulung 11.0 in Braunlage

Blogbericht von Emilie Kochanek

„Harzlich Willkommen“, heißt es auf dem Bahnhofschild, als wir aus dem Regionalzug von Göttingen aussteigen. Nachdem wir unsere Tickets dem Busfahrer vorgezeigt haben geht es noch eine halbe Stunde mit dem Bus durch Dörfer und auf kurvige Landstraßen richtig Braunlage zu unserem Treffpunkt. Der Blick aus dem Busfenster zeigt eine wunderschöne, aber auch bizarre Landschaft: Wald oder zumindest Flächen, die mal lebendiger Wald waren sind jetzt voller abgestorbener Fichten. Die Busfahrt scheint schon ein bisschen auf eins der inhaltlichen Themen der Woche einzustimmen, nämlich Klimawandel.

Bevor wir in dieses eher düstere Thema einsteigen, startet die Woche allerdings erstmal mit einigen Kennenlernspielen, um die Leute, die von Braunschweig bis Regensburg und Freiburg und Dresden angereist sind, kennenzulernen. Vom Garten unseres Hauses hat man einen wunderbar weiten Blick bis zum Wurmberg, wir versammeln uns allerdings nach der ersten Runde draußen im Gartenhaus. Nach der Erwartungswiese und dem Wochenausblick am ersten Tag gibt es abends Wraps und es fühlt sich ein bisschen an wie früher auf einer Klassenfahrt.

Am zweiten Tag beschäftigen wir uns damit, was wir selbst mitbringen und uns ausmacht: wofür schlägt mein Herz? Wo will ich hin? Was sind meine handwerklichen und kommunikativen Fähigkeiten? Und auch: worin haben wir Gemeinsamkeiten? Worin können wir uns als Coaches gut ergänzen und was braucht es überhaupt für ein gutes Coaching? Wir sprechen auch darüber, wie wir ins Coaching gehen wollen, in Bezug auf unsere eigene Haltung, im Team und gegenüber den Initiativen. Die Woche geht weiter mit gutem Essen, vielen Energizern, bei denen wir uns bewegen, um nicht zu erfrieren, Macht in Gruppen und auf struktureller Ebene, mal lustigen Sketchen die ein schweres Thema auflockern und die Gruppe zusammenbringen. Wir tauschen uns aus über Entscheidungsprozesse in Gruppen und können dabei auch von den Erfahrungen lernen, die viele von uns schon vorher gemacht haben.

Es geht auch darum, was man Harz an den abgestorbenen Bäumen sieht im größeren Kontext:
 Klimagerechtigkeit und -Schutz und wir klären wirklich jeden einzelnen Begriff und Institution die auf Universitäts-, Stadt-, Land- und Bundesebene mit Hochschulpolitik zu tun haben.

 
 
Der Wind rauscht um das Haus und es regnet so oft, dass alle sich immer sehr über jeden Sonnenstrahl freuen. Aus dem Badfenster sieht man den Wurmberg manchmal, manchmal nur Wolken und irgendwie hat ständig irgendjemand eine Kastanie in der Hand. Gerüchte gehen um, dass in dieser Woche die historisch höchste Dicht an Wollsocken in Braunlage seit Beginn der Zeitrechnung festgestellt wurde und trotz der Kälte geht irgendwie ständig jemand spazieren. Dieser Freizeit- und Pausentrend nimmt exorbitant zu, als erste Rückkehrer*innen von einem Lama- (oder Alpakababy) berichten und erfährt neuen Aufwind durch die Nachricht, dass es noch ein zweites geben soll. (Anmerkung der Redaktion: bis zum Redaktionsschluss bleibt ungeklärt, ob es sich um ein Lama oder Alpaka gehandelt hat, die Faktenlage scheint in der Gruppe durch gefährliches Halbwissen stark verzerrt). Manche Teilnehmenden haben schon an Tag drei die Ausdrücke „Wer hat den Hut dafür?“, „Kleingruppe“, „Energizer“ fest in ihren Wortschatz integriert und neue Themen nicht im „Think, Pair, Share“-Prinzip anzugehen scheint wie ein Angriff auf die Substanz. Jeder Tag endet mit dem Methodenfrosch und leider müssen wir uns schon jetzt von manchen Teamern verabschieden.

Dafür kommen auch neue Gesichter dazu. Die Woche geht weiter mit Transformationsebenen und ersten Einheiten, in denen wir selbst Methoden durchführen. Angela macht mit uns einen Nachmittag zum Thema Diskriminierung und wir sprechen über die verschiedenen Formen und was schon zu Diskriminierung gehört und was nicht. Angela ermutigt uns auch genau hinzusehen und das Thema nicht nur theoretisch anzugehen, sondern in unserem Leben entschiedene Schritte gegen Diskriminierung zu gehen. Trotz der vielen Inhalte und Methoden, bleibt auch Raum für spaßige Dinge, wie zum Beispiel der Open Stage Abend mit Tanzkurs, Manifest und Spielen, das Lagerfeuer oder die Party mit coolen Lichtern, Snacks und viel Tanzen (und Wertschätzungskarten schreiben).

Es geht in der Woche nicht nur darum, was ist und was man beachten muss, sondern auch darum was werden könnte in unseren kühnsten Träumen: eine Hochschule, an der man draußen in kleinen Gruppen lernt, Forschung, die Ihre Ergebnisse in die Praxis trägt und Gemeinschaft und aktives gestalten des Campus durch die Studierendenschaft, Flächenentsiegelung, Klimapositivität und Frei- und Ruheräume am Campus. Wir haben aber nicht nur geträumt und Visionen geschaffen sondern auch ganz konkret geplant, wie wir uns in der Gruppe organisieren und unser Wissen weitergeben wollen. Durch das tolle Team und die Vorbereitung konnten wir lernen durch Erleben und Vorleben, z.B. was Awareness angeht, Aufgaben zu verteilen und die unzähligen Methoden.

Am Samstag war schließlich der große Tag: eine riesige Deutschlandkarte hat mit wem wir in einem Coachingteam sind und welche Inititaiven wir coachen. Das hat richtig Vorfreude gemacht und war echt spannend! Und schließlich ging diese intensive Woche mit der Party am Samstag zu Ende, bei der noch bis tief in die Nacht getanzt wurde.

Diese Woche war insgesamt wahnsinnig inspirierend und bereichernd, großartig organisiert und doch erst der Start von noch viel mehr Erlebnissen, die wir zusammen haben werden. Vielen Dank an alle, die das möglich gemacht haben und die tollen Menschen, die ich dort kennenlernen konnte.